Rückkehr in den Beruf nach Krankheit oder Unfall

Schritt ins
Berufsleben
Umschulung ebnet
den Weg zum Wunschberuf

Neue Perspektiven gefunden

Manchmal ist es ein Unfall, manchmal eine Rückenerkrankung – und immer öfter eine psychische Erkrankung, die zum beruflichen „Aus“ führt. Aber zum Glück hat die deutsche Gesetzgebung mit der beruflichen Rehabilitation eine Möglichkeit zur Rückkehr ins Arbeitsleben geschaffen. Lesen Sie hier ermutigende Beispiele von Menschen, die eine neue Perspektive im Leben fanden.

Suchen
Talente entdeckt

Mit neuen Computerkenntnissen konnte die ehemalige Altenpflegerin Kerstin Bley im Büro voll  durchstarten.

Eine aufbauende Maßnahme

Nach 27 Jahren Arbeit auf der Baustelle fand Aziz Korkmaz als Hausmeister eine abwechslungsreiche Alternative.

Mit Verstand zum Wunschberuf

Mit der Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement im BFW Hamburg ist Alice K. auf ihrem Weg ins Berufsleben.

Talente entdeckt

Es braucht nicht immer eine umfassende Umschulung – manchmal reichen auch Unterstützung und ein paar zusätzliche Fähigkeiten, um beruflich wieder Fuß zu fassen. Kerstin Bley eignete sich in einer Integrations­maßnahme im INN-tegrativ Berufsförderungswerk Weser-Ems neue Computerkenntnisse an und konnte damit als Quereinsteigerin im Büro einer Spedition durchstarten.

„Ein Job am Computer – eigentlich dachte ich immer, das wäre nichts für mich“, sagt Kerstin Bley. „Schließlich beschränkten sich meine Kenntnisse im Wesentlichen darauf, ihn ein- und ausschalten zu können und ein bißchen zu googlen.“ Doch dann musste sich die Altenpflegerin mit 49 Jahren beruflich noch einmal ganz neu aufstellen: Zwei Operationen an der Schulter waren das Aus für die körperlich anstrengende Tätigkeit im Pflegebereich. „Das war schon hart, denn mein Beruf hat mich wirklich erfüllt und plötzlich steht man da und weiß nicht, wie es weitergehen soll."

Unterstützung bekam sie von der Rentenversicherung – ihr Reha-Berater schlug ihr eine sechsmonatige Integrationsmaßnahme im BFW ­Weser-Ems vor: „Anfangs war ich schon skeptisch, dass ich keine zweijährige Vollausbildung machen sollte, aber dann hat mich doch überzeugt, dass ich so in relativ kurzer Zeit wieder fit für den Arbeitsmarkt sein würde." Für die erfolgreiche Rückkehr wurde im BFW ermittelt, welche Zusatzqualifikationen Kerstin Bley brauchte, um beruflich wieder Fuß zu fassen: „Bei mir waren das grundlegende Computerkenntnisse, die mir zunächst in einer sechswöchigen Schulung im BFW vermittelt wurden“, erzählt sie. „Im anschließenden Praktikum habe ich dann schnell gemerkt, dass mir die Arbeit am Computer nicht nur Spaß macht, sondern wirklich liegt.“ Und das fiel auch dem Betrieb auf: Noch während des Praktikums wurde ihr eine Übernahme angeboten und seit einem halben Jahr ist sie dort als Bürokraft festangestellt. „Ich bin glücklich, dass ich diesen Weg gegangen bin und freue mich riesig über meinen neuen Job – und meine neu entdeckten Talente und Fähigkeiten.“

Eine aufbauende Maßnahme

Nach 27 Jahren auf verschiedenen Bau­stellen konnte sich Aziz Korkmaz ein anderes Berufsfeld kaum vorstellen – bis er durch die RehaStep-Maßnahme in Reutlingen, einer Geschäftsstelle des BFW Schömberg, eine abwechslungsreiche Alternative fand.

„Glauben Sie wirklich, dass ich einen neuen Job finde?“, fragte Aziz Korkmaz immer wieder, denn für ihn war das unvorstellbar. Als er vor 36 Jahren nach Deutschland kam, schloss er die Hauptschule ab, startete die Maurerausbildung und stieg durch Fleiß und seine sorgfältige Arbeitsweise zum Polier auf. Doch die körperliche Arbeit hinterließ schmerzhafte Spuren: Verschleiß­erscheinungen im Ellenbogen. In der ­medizinischen Reha riet man ihm dringend, sich einen anderen Beruf zu suchen. Aber welcher könnte das sein?

„Mir war klar, dass ich nicht nur im Büro sitzen möchte.“ Mit dieser vagen Vorstellung im Kopf sprach er mit seinem Reha-Berater, der ihm die Integrationsmaßnahme RehaStep in Reutlingen vorschlug, eine Maßnahme, die auf vorhandener Berufs- und Lebenserfahrung aufbaut. Während der Orientierung stellte sich heraus, dass der 47-Jährige durch die Zusammenarbeit mit anderen Gewerken auf der Baustelle umfangreiches Wissen in der Hausinstallation hat. Kombiniert mit seinem Wunsch nach einer vielfältigen Tätigkeit lag die Lösung nah und bestätigte sich durch ein Praktikum bei der Stadt Tübingen: „Die Arbeit als Hausmeister an zwei Schulen hat mir viel Spaß gemacht und war für mich eine echte Perspektive“, freut sich Aziz Korkmaz: Im Anschluss ans Praktikum wurde er direkt übernommen.

Mit Verstand zum Wunschberuf

Alice K. ist zielstrebig und kommunikativ. Doch ­aufgrund einer Erkrankung, die sie seit Kindestagen begleitet, fiel ihr der Weg ins Berufsleben schwer – bis sie die Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement im Berufsförderungswerk (BFW) Hamburg fand.

Als das Studium der Sozialpädagogik an nur einer einzigen nicht bestandenen Prüfung scheiterte, entschloss sich Alice K. zu einer Ausbildung in der Verwaltung – denn eine Bürotätigkeit konnte sie sich trotz ihres Handicaps gut vorstellen: „Ich habe eine Spastik, eine beidseitige Lähmung, die durch eine Hirnblutung bei der Geburt verursacht wurde. Dadurch bin ich motorisch eingeschränkt und brauche einen Beruf, bei dem ich mit dem Kopf arbeite.“ Doch die weiten Fahrtwege zum Ausbildungsbetrieb brachten die 29-Jährige an ihre Grenzen: Sie hatte große körperliche Schmerzen, denen sie zunächst mit einer medizinischen Reha entgegenwirkte. Mit der Sozialberatung in der Klinik sprach sie auch über ihre Probleme im Arbeitsleben – und man riet ihr, die Ausbildung nicht im bisherigen Betrieb zu beenden, sondern auf die Ausbildung in einem BFW zu setzen, wo sie durch die unterstützenden Angebote ihre körperliche Situation weiter stabilisieren könnte.

Ganzheitlich unterstützt im BFW Noch aus der medizinischen Reha heraus stellte sie den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) beim zuständigen Reha-Träger, der Rentenversicherung – und konnte schon kurze Zeit später im BFW Hamburg am Reha-Assessment Neuro teilnehmen, einem speziellen Vorbereitungskurs für Menschen mit chronischen Erkrankungen wie MS und Epilepsie oder auch Hirnschädigungen, beispielsweise nach einem Schlaganfall.

Mithilfe von Sport- und Arbeitspädagogen, Medizinern, Ergotherapeuten und Psychologen konnte sie ihre Eignung für verschiedene Berufe erproben und Belastungsgrenzen ausgeloten: Für Alice K. passte die Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement – zugleich wurde aber auch eine Teilaufmerksamkeitsstörung festgestellt: „Ich arbeite nicht so schnell wie andere, und mir fällt es schwerer, mich auf mehrere Aufgaben parallel zu konzentrieren." Um diese Fähigkeiten zu verbessern, nutzte sie in Abstimmung mit den Ergotherapeuten und Psychologen des BFW das ­Therapiesystem RehaCom, ein digitales Trainingsprogramm, das die Konzentrationsfähigkeit fördert. Auch von den Sportangeboten des BFW profitierte die junge Frau: „Ich habe Yoga  und Aquagymnastik gemacht und konnte jederzeit das BFW-Fitnessstudio nutzen, was mir bei Verspannungen und der Muskelkräftigung geholfen hat.“

Startschuss fürs Berufsleben
Neben der Theorie, in der Grundlagen wie Personalwirtschaft, Rechnungswesen und Buchhaltung vermittelt werden, gehört auch eine sechsmonatige praktische Phase zur zweijährigen Ausbildung. Bei der Suche nach einem Praktikumsplatz halfen die Mitarbeiter des BFW genauso wie ihre eigene Kommunikationsstärke. Unterstützt durch die Integrationsmanager brachte sie ihre Bewerbungsunterlagen auf Vordermann, kontaktierte auf einer Jobmesse verschiedene Arbeitgeber und überzeugte in einem nachfolgenden Vorstellungsgespräch mit ihrer offenen und freundlichen Art. Mittlerweile hat ihr Praktikum im Sekretariat eines Bildungsträgers begonnen: „Das ist für mich ein erster und wichtiger Schritt auf dem Weg ins Berufsleben.“

Die Zukunft im Blick

Eine Umschulung mit schulpflichtigem Kind ist keine leichte Aufgabe. Doch Petra Holberg* meistert die Herausforderung mit Erfolg.

Umschulung für einen kreativen Kopf

Neuen Traumberuf gefunden: Denise Fink kann ihre Kreativität in der Umschulung zur Technischen Produktdesignerin ausleben.

Mit der Umschulung zum Traumjob

Glück im Unglück: Nach einem Unfall findet Alexander Geduhn im Kfz-Bereich seinen Traumberuf.

Die Zukunft im Blick

Eine Umschulung mit einem schulpflichtigen Kind – das ist kein leichter Weg. Trotzdem wagte Petra Holberg* im ­Berufsförderungswerk (BFW) Nürnberg den Schritt in ihre berufliche Zukunft: Mit ­Erfolg meistert die Mutter einer siebenjährigen Tochter ihre Ausbildung.  

Psychische Belastung, viel Stress am Arbeitsplatz und kaum Vereinbarkeit der Arbeitszeiten mit der Familie – der Job als Köchin forderte hohen Einsatz von Petra Holberg. „Zuerst waren es nur Schlafstörungen“, sagt sie. Doch irgendwann waren die körperlichen und mentalen Grenzen erreicht: „Bis mich der Burn-out außer Gefecht setzte, war mir gar nicht bewusst, wie schlecht es mir eigentlich geht.“ Die 28-Jährige zog die Reißleine und begann nach Alternativen zu suchen. Bei ihrer Recherche im Internet stieß sie auf das BFW Nürnberg und die Möglichkeiten der beruflichen Reha. „Damit bin ich dann zu meiner Rehaberaterin bei der Agentur für Arbeit gegangen und dort auf offene Ohren gestoßen.“ Nach psychologischen Tests ist klar: Köchin ist nicht mehr der geeignete Beruf. Die Agentur schlug ihr eine Umschulung vor – zur Altenpflegerin. „Das kam für mich gar nicht infrage, ich wollte was mit Tieren oder Pflanzen machen.“ Auf dem ­Infotag im BFW Nürnberg wird sie auf die Ausbildung Gärtnerin Fachrichtung Zierpflanzenbau aufmerksam und spürt gleich: Das passt! Aber sie weiß auch: „Mit einem schulpflichtigen Kind wird das nicht einfach – allein schon morgens um 7.15 Uhr im BFW zu sein, ist nicht möglich.“ Denn weil die Familie gerade erst ihr Traumhaus

auf dem Land gefunden hat, entschied sich Petra Holberg, während der Ausbildung nicht im BFW Nürnberg zu wohnen, sondern die 45 Kilometer zu pendeln. Zum Glück konnte sie ihre Tochter über einen Gastschulantrag in einer Grundschule ganz in der Nähe des BFW anmelden und bekam dort auch einen Hortplatz. Außerdem konnte sie mit Unterstützung ihrer Ansprechpartnerin aus dem BFW-Reha-Team eine Ausnahmeregelung für die Anfangszeiten bei ihrem Reha-Träger aushandeln: So startet die angehende Gärtnerin 45 Minuten später als ihre Kollegen im BFW. Natürlich ist die Zeit der Ausbildung eine Herausforderung: „Umschulung und Familie unter einen Hut zu bekommen, ist nicht immer einfach, aber ich weiß ja, wofür ich die Anstrengung auf mich nehme und darum ziehe ich das auch durch.“ Bereut hat Petra Holberg ihre Entscheidung keinen Augenblick und der Erfolg gibt ihr Recht: Nach einem Praktikum in Nürnberg hat sie schon vor der Abschlussprüfung einen festen Arbeitsvertrag in der Tasche. „Das gibt mir jetzt schon viel Sicherheit, aber ich möchte anschließend trotzdem noch die Weiterbildung zur Natur- und Landschaftspflegerin machen, da ich für meine weitere berufliche Zukunft ein unglaublich tolles Angebot bekommen habe.“

*Name von der Redaktion geändert

Umschulung für einen kreativen Kopf

Jahrelang war Denise Fink Bäckerin von Beruf und das Zeichnen ihr großes Hobby. Doch durch eine Allergie litt sie immer mehr unter der Arbeit mit Mehl – und so wendete sich das Blatt: Mit der Umschulung zur Technischen Produktdesignerin im Berufsförderungswerk Sachsen-Anhalt machte sie ihr Hobby zum Beruf.  

Nach der Schule wollte Denise Fink eigentlich Cartoon-Zeichnerin werden – ein ungewöhnlicher Berufswunsch, den die heute 40-Jährige aufgrund des mangelnden Ausbildungsangebots in der Umgebung nicht realisieren konnte. Stattdessen wurde der kreative Kopf Bäckerin, ein Beruf, der durch nächtliches Aufstehen und Wochenendarbeit zwar anstrengend war, sie aber auch erfüllt hat: „Über 20 Jahre habe ich in dem Betrieb gearbeitet, in dem ich auch meine Ausbildung gemacht habe. Niemals wäre ich dort freiwillig weggegangen.“ Doch ihre Gesundheit ließ ihr am Ende keine andere Wahl: Durch die intensive Arbeit mit Mehl entwickelte sie eine Feinstauballergie, die sich erst nur durch Heiserkeit äußerte. Mit der Zeit verschlimmerten sich die Symptome jedoch so stark, dass sie die Bäckerei regelmäßig mit akuter Atemnot verlassen musste. Sie wusste: „So kann es nicht weitergehen. Aber ich und zu Hause rumsitzen? Das konnte ich mir nicht vorstellen!“

Aus der Backstube ins BFW Durch einen Tipp kam sie auf die Idee einer Umschulung durch die Deutsche Rentenversicherung und bei der Recherche im Internet stieß sie auf die Ausbildung zur Technischen Produktdesignerin Fachrichtung Produktgestaltung und -konstruktion. Sie war sofort Feuer und Flamme: „Die Berufsbeschreibung hat sich sehr kreativ angehört – genau richtig für mich!“

Ab hier lief alles reibungslos: Sie stellte den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am ­Arbeitsleben (LTA) bei der Rentenversicherung und hatte wenig später die Einladung des Berufsförderungswerk Sachsen-Anhalt für eine Arbeitserprobung im Briefkasten. Dort wurden ihre schulischen Grundkenntnisse getestet und sie konnte sich im Zeichnen in einer berufstypischen Software ausprobieren. Und genau das überzeugte sie endgültig: „Die Arbeit mit dem Programm hat so viel Spaß gemacht, damit hätte ich den ganzen Tag durcharbeiten können.“ Da auch die Ausbilder bestätigten, dass sie für diesen Tätigkeitsbereich geeignet ist, stand der ­Umschulung zur Technischen Produktdesignerin nichts mehr im Weg.

Rosige Berufsaussichten Während der Zeit im BFW hatte man mehr als nur die Ausbildung der zweifachen Mutter im Blick: „Die Mitarbeiter haben nicht nur meine Bildung, sondern auch meine Gesundheit gefördert,“ erinnert sie sich. Neben Theorie und gesundheitlicher Betreuung gehören zu jeder Umschulung im BFW praktische Phasen, in denen die Teilnehmer ihre Kenntnisse in die Praxis umsetzen. Bei Ambulanz Mobile, einem Innenausstatter für Einsatzfahrzeuge, fand Denise Fink schnell und unkompliziert ihr Praktikum. „Zu meinen Aufgaben gehörte es, im Zeichenprogramm Änderungen an Einzelteilen umzusetzen, beispielsweise eine Bodenplatte für ein anderes Fahrzeugmodell umzuarbeiten – dafür musste ich auch das eine oder andere Mal in einen Wagen klettern, um alles genau abzumessen.“ Das gefiel ihr gut, am liebsten wäre sie gleich im Betrieb geblieben – zuerst muss sie sich jedoch auf die Abschlussprüfung vorbereiten. Aber wenn die bestanden ist, würde sie sich über eine Stelle in ihrem Praktikumsbetrieb freuen: „Natürlich wäre es toll, wenn ich bei Ambulanz Mobile anfangen könnte. Sollte das nicht klappen: Mit meinem neuen Beruf eröffnen sich mir 1.000 Möglichkeiten. Ich mache mir keine Sorgen mehr um meine Zukunft.“

Mit der Umschulung zum Traumjob

Irgendwie wird es schon weitergehen, da war sich Alexander Geduhn sicher. Allerdings hätte er niemals gedacht, dass er durch sein Unglück direkt in seinem Traumjob landen würde: Im Berufsförderungswerk (BFW) Dortmund fand der ehemalige Bauarbeiter eine ganz neue Job-Perspektive und startete im Kfz-Bereich voll durch.  

Es war wie ein Schlag ins Gesicht, als der Arzt vor vier Jahren zu Alexander Geduhn sagte: „Also nach so einem Unfall und mit diesem kaputten Rücken, da können Sie Ihren Beruf vergessen.“ Als Bauarbeiter im Straßenbau arbeitete Alexander Geduhn in einer Asphaltkolonne, bis ihm seine Schuhe mit Stahlsohle zum Verhängnis wurden und er sich auf kochend heißem Asphalt die Füße verbrannte. Nach diesem Unfall blieb für ihn im Straßenbau nur noch das Baggerfahren. Doch auch das ging nicht lange gut – der körperlich anstrengende Job ging wortwörtlich auf die Knochen und forderte ziemlich schmerzhaft seinen Tribut: Sein angeschlagener Rücken setzte den jungen Mann mit Mitte 30 außer Gefecht. „Ich musste mein Leben komplett auf links krempeln“, erinnert sich Alexander Geduhn. 

Eine zweite Chance im Arbeitsleben. Über die Deutsche Rentenversicherung hörte der Siegerländer vom Berufsförderungswerk in Dortmund. Er stellte einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und nutzte seine Chance, mit einer Umschulung noch mal ganz neu durchzustarten. 

Bei der Frage, in welche Richtung es beruflich künftig gehen soll, spielten auch seine Neigungen und Wünschen eine Rolle. Und da musste Alexander Geduhn nicht lange überlegen: Kfz-Mechatroniker – das war schon immer der Wunschberuf des Hobby-Autoschraubers. Zwei Jahre dauerte seine Qualifizierung im BFW Dortmund: Alexander Geduhn büffelte die ­Theorie und lernte auch praktisch alles über den Kfz-Bereich. Das Beste in dieser Zeit aber waren die praktischen Phasen. „Da hatte ich wieder Glück“, erzählt Alexander Geduhn, „ich konnte mein Praktikum bei Mazda Lohmann in Kreuztal machen.“ Das Familienunternehmen war so begeistert von der Einsatzbereitschaft des heute 38-Jährigen, dass er auch sein zweites Praktikum dort machte. Und als er schließlich seine Prüfung im Berufsförderungswerk mit Auszeichnung bestand, war für die Lohmanns klar: Den können wir nicht ziehen lassen. „Eigentlich waren wir komplett. Aber weil Alexander Geduhn so schnell und gut arbeitet, konnten wir mehr Aufträge annehmen", bestätigt Juniorchefin Katja Lohmann. Um ihn halten zu können, strukturierte der Betrieb sogar personell um: Seit mehr als einem Jahr arbeitet Alexander Geduhn jetzt in seinem Traumjob bei Mazda Lohmann, ganz in der Nähe seiner Heimatstadt. „Glück im Unglück – so etwas passiert doch nur anderen, habe ich eigentlich immer gedacht.“ Jetzt weiß er es besser: Trotz allem, was ihm zugestoßen ist, hätte es nicht besser für ihn kommen können. 

Eine ganz neue Welt

Mit Mathematik konnte Norma Brauer-Welland nie viel anfangen. Nach einer Umschulung fühlt sie sich heute in der Welt der Zahlen zu Hause.

Ein Herz für Technik

Als Qualitätskontrolleur Automotive fand Steffen Weiß seinen Weg zurück ins Arbeitsleben.

Da steckt mehr drin

Gerlinde Rojek hat während ihrer Umschulung zur Kauffrau für Büromanagement auch von den vielfältigen unterstützenden Angeboten im BFW profitiert.

Eine ganz neue Welt

Dass Norma Brauer-Welland einmal eine Leidenschaft für Zahlen entwickeln würde, hätte sie nie gedacht. Doch eine Umschulung im BFW Köln überzeugte sie vom Gegenteil: Heute fühlt sie sich in der Welt
der Zahlen wie zu Hause. 

„Die Mathematik und ich – das sind zwei Welten!“ Das war der erste Gedanke von Norma Brauer-Welland, als ihr im BFW Köln die Umschulung zur Industriekauffrau vorgeschlagen wurde. Nach einem Burn-out und drei Jahren Krankheit stand die Heilerziehungspflegerin vor der Frage, wie es weitergehen sollte. 

Im Gespräch mit den Bildungsexperten im BFW eröffnete sich ihr dann eine ganz neue berufliche Perspektive: Eine Umschulung zur Industriekauffrau. Die meiste Zeit während der 24-monatigen Umschulung wohnte die 50-Jährige im BFW. „So hatte ich die nötige Ruhe und konnte mich zu 100 Prozent auf die Ausbildung konzentrieren“. Heute kommt Norma Brauer-Welland als Schulsekretärin täglich mit Zahlen in Berührung – und kann sich rückblickend keinen anderen Job mehr vorstellen. „Mir hätte eigentlich nichts Besseres passieren können als die Umschulung. Meine Aufgaben erfüllen mich und ich bin gerne für meine Mitmenschen da.“

Ein Herz für Technik

24 Jahre arbeitete Steffen Weiß als KFZ-Servicetechniker – bis er bei einem Unfall zwei Finger verlor. Im Regional-Center Eisenach, einer Außenstelle des Berufsförderungswerks (BFW) Thüringen, fand er mit einer Umschulung eine neue Perspektive.

Ein Augenblick Unachtsamkeit an der Kreissäge kostete Stef- fen Weiß zwei Finger. „Zwar konnten beide wieder angenäht werden, aber sie sind nicht mehr voll einsatzfähig – ein Finger ist steif geblieben.“ Schnell war klar, dass der 44-Jährige seinen Beruf in der Werkstatt nicht mehr ausüben konnte. „Mein Chef empfahl mir, mich an die Rentenversicherung zu wenden, um zu erfahren, wie es beruflich für mich weitergehen kann.“

Im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) begann Steffen Weiß zunächst eine Umschulung zum Industriekaufmann, die er jedoch nach einem halben Jahr abbrach: „Viel zu bürolastig.“ Sein Herz schlägt nach wie vor für die technischen Berufe, sodass er für den zweiten Anlauf im BFW Thüringen in Seelingstädt eine Eignungserprobung konkret für diesen Bereich durchlief. Das Ergebnis: eine Umschulung zum Qualitätskontrolleur Automotive. Und die Ausbildung konnte er sogar ganz in der Nähe seines Wohnortes machen. Denn: „Mit Kindern, Haus und Garten konnte ich mir einfach nicht vorstellen, die ganze Woche im BFW-Internat zu bleiben. Da passte das Angebot der Außenstelle in Eisenach perfekt.“ Ebenfalls wohnortnah absolvierte Steffen Weiß die praktischen Phasen – und fand im zweiten Praktikumsbetrieb sogar seinen heutigen Arbeitgeber.

 

Da steckt mehr drin

Ein BFW hat mehr zu bieten als „nur“ Umschulungen. ­Gerlinde Rojek hat das selbst erfahren und von den vielfältigen ­unterstützenden Angeboten des Bfw Sachsen-Anhalt profitiert.

Eine Umschulung zur Kauffrau für Büromanagement – dafür kam Gerlinde Rojek ins Bfw Sachsen-Anhalt. Am Ende hat sie viel mehr bekommen: „Im Bfw wurde ich nicht nur für den Beruf, sondern auch gesundheitlich fit gemacht. Das ging über Sportangebote bis zur psychologischen Betreuung.“

Nach 17 Jahren im Callcenter hatte sie mit Stimmproblemen und einer psychischen Erkrankung zu kämpfen. „Die psychologische Begleitung im Bfw hat mich wieder aufgebaut.“ Die letzten Monate der Umschulung konnte die 55-Jährige außerdem im Bfw wohnen, statt zu pendeln: „Während der Prüfungsvorbereitung war das eine große Erleichterung. Entspannen konnte ich zusätzlich beim Schwimmen im Bfw-eigenen Therapiebecken.“ Die vielfältigen Angebote haben sich für Gerlinde Rojek ausgezahlt: Heute hat sie eine Stelle in dem Betrieb, in dem sie ihr Praktikum während der Umschulung gemacht hat.

Fit und gesund

Robin Eisenbart konnte aufgrund einer Herzoperation keinen Sport mehr machen – mit dem Angebot „Fit & Gesund“ des BFW Schömberg, wurde er die Kilos wieder los und hat den Spaß am Sport wiedergefunden.


Neue Stärken entdeckt

Nach der Umschulung zur Technischen Produktdesignerin im INN-tegrativ Berufsförderungswerk (BFW) Goslar sind Marieke Bartlings entdeckten Stärken heute sehr gefragt.


Neue Perspektive gefunden

Durch ihre Epilepsieerkrankung kann Francie Lehmann nicht mehr als Floristin arbeiten. Das RehaAssessment zeigt ihr eine neue Perspektive auf.

Fit und gesund

Bewegung und Ernährung spielen eine maßgebliche Rolle, wenn es um eine erfolgreiche Qualifizierung geht. Diesem ganzheitlichen Ansatz folgt man auch im BFW Schömberg: Umschüler können an individuellen Ernährungs- und Sportprogrammen teilnehmen. 

Robin Eisenbart konnte aufgrund einer Herzoperation keinen Sport mehr machen und hat als Folge 30 kg zugenommen: „Etwa 20 kg habe ich noch vor dem BFW alleine runterbekommen, aber dann stockte es“, erinnert sich der 40-Jährige. Schon während der Reha-Vorbereitung nutzte er das Angebot zur Wassergymnastik und kam dann über die BFW-Ärzte zum Angebot „Fit & Gesund“. Dort haben die Teilnehmer Wissenswertes zum Thema Ernährung erfahren, gemeinsam gekocht

und praktische Ernährungstipps erhalten: „Mir war gar nicht bewusst, wieviel Zucker in Salzstangen steckt“, zeigt sich der angehende Technische Hauswart beeindruckt. Parallel zur Theorie schwitzten die Teilnehmer mit einem individuellen Trainingsplan im Geräteparcours oder beim Aerobic – mit beachtlichem Erfolg: Auf dem Laufband hat sich Robin Eisenbart deutlich gesteigert. Hielt er zu Beginn nur eine gemächliche Viertelstunde durch, schaffte er schließlich 45 Minuten in gesteigertem Tempo. Die logische Folge waren verbesserte Werte bei Blutdruck, Körperfett, Bauchumfang und Body Mass Index – im internen Vergleich konnte er sogar die größten Erfolge vorweisen. Natürlich hat er sich über dieses Resultat gefreut, doch viel höher bewertet er, dass sich die Lust auf Sport wiedereingestellt hat. Bester Beweis: Für die Zeit nach dem BFW hat er einen Kurs „Herzsport und Wassergymnastik“ in seiner Nähe gefunden und sich auch schon angemeldet.

Neue Stärken entdeckt

Als der einstige Traumberuf zum Alptraum wurde, stand Marieke Bartling vor einem Umbruch, den sie dank professioneller Unterstützung meisterte. „Meine verborgenen Talente auch im Job zu nutzen, war ein riesiger Ansporn für mich“, erklärt sie ihren Erfolg beim beruflichen Neustart. Nach der Umschulung zur Technischen Produktdesignerin im INN-tegrativ Berufsförderungswerk (BFW) Goslar sind ihre entdeckten Stärken heute sehr gefragt.

Auch wenn sie es sich selbst zunächst nicht eingestehen wollte: Aus dem Berufswunsch, Menschen in Not zu helfen, wurde plötzlich eine Qual. „Ich konnte nicht mehr schlafen, habe ständig gegrübelt und fühlte mich total kraftlos und leer“, erinnert sich Marieke Bartling. Viele Notfälle hatte sie in sieben Jahren als Rettungsassistentin versorgt und die Erlebnisse zu häufig mit nach Hause genommen. Trotz dieser Symptome, die – wie sie im Nachhinein von den Ärzten erfuhr – typisch für eine Depression sind, arbeitete sie anfangs noch weiter. „Ich wusste zwar, dass es mir nicht gutgeht und etwas nicht stimmt, aber für weitere Schritte war ich nicht bereit.“ Erst als sie sich in psychotherapeutische Behandlung begab und die Diagnose Depressionen lautete, fügte sich für sie das Krankheitsbild zusammen. Während einer medizinischen Rehabilitation legte ihr der Sozialmedizinische Dienst der Klinik dann nahe, den Beruf zu wechseln.

Um ihren Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) zügig geltend zu machen, füllte die 36-Jährige den Antrag noch in der Einrichtung aus – und schöpfte schnell neuen Mut, diese Entwicklung auch als einmalige Chance zu sehen. „Mir lag es schon immer, Neues kennenzulernen und vorhandene Interessen zu vertiefen. Die Perspektive, das auch beruflich tun zu können, hat mir sehr geholfen!“ Die berufliche Reha wurde von der Deutschen Rentenversicherung umgehend bewilligt. Eine Berufsfindung im Rahmen eines Reha-Assessments half ihr, bisher verborgene Talente an sich zu entdecken, wie ihr ausgeprägtes Verständnis für Computerprogramme und gutes räumliches Vorstellungsvermögen. Als Abschluss dieser Maßnahme stand die Empfehlung, eine Ausbildung zur Technischen Produktdesignerin zu machen. Wichtig für den Erfolg der beruflichen Wiedereingliederung war die professionelle Unterstützung im INN-tegrativ BFW Goslar – auch in Form eines Reha-Vorbereitungstrainings. „Dass ich hier nach längerer Zeit ohne Arbeit und nach der Vorerkrankung intensiv auf die konkreten Anforderungen der zweijährigen Umschulung vorbereitet wurde, hat mir weitergeholfen und den Einstieg sehr erleichtert.“ Heute arbeitet Marieke Bartling in dem Betrieb, in dem sie schon ihr Praktikum während der Umschulung gemacht hat, dem Sondermaschinenbauer copperING in Wernigerode. „Das technische Denken fordert mich – und das ist auch gut so“, betont sie selbstbewusst. „Denn sobald ich mich in etwas reingefuchst habe, macht mir die Erledigung der Aufgabe noch viel mehr Spaß.“

Neue Perspektive gefunden

Francie Lehmann arbeitete leidenschaftlich gerne als Floristin, bevor die Epilepsie sie zwang, ihren Traumberuf aufzugeben. Ein RehaAssessment® im BFW Thüringen zeigte ihr einen neuen Weg auf.

Die Epilepsie-Erkrankung macht es Francie Lehmann unmöglich, weiterhin handwerklich tätig zu sein. Eine entmutigende Diagnose! Wie es weitergehen sollte, war ihr ein Rätsel. „Mein Reha-Berater bei der Rentenversicherung hat mich aufgebaut und ermutigt, zu entdecken, was sonst noch alles in mir steckt.“ Um diese Frage zu klären und daraus das richtige Berufsfeld abzuleiten, hat die 28-Jährige den Weg ins BFW Thüringen gefunden, das genau darauf spezialisiert ist.

Am Infotag bekam sie einen ersten Einblick in die verschiedenen Berufsbilder und die entsprechenden Aufgabenfelder. Das allein reichte aber nicht, um eine berufliche Perspektive zu entwickeln. Also nahm Francie Lehmann im BFW an einem Reha-Assessment teil. „Dabei standen Aufgaben aus dem schulischen Bereich auf dem Stundenplan, aber auch ganz praktische Inhalte aus konkreten Berufsfeldern.“ Außerdem erhielt sie Informationen zu Tätigkeitsfeldern und Anforderungen verschiedener Berufe, die zu ihren Fähigkeiten und gesundheitlichen Einschränkungen passen könnten. „Am Ende der zwei Wochen und nach einem abschließenden Gespräch war klar, dass eine Umschulung zur Kauffrau für Büromanagement gut zu mir passen würde. Und ich konnte mir das auch gut vorstellen!“ So hat Francie Lehmann, nachdem sie ihren Berufsweg verlassen musste, wieder eine neue Richtung für sich gefunden.

Die Hürden genommen

Weder eine Operation am Arm noch seine Legasthenie konnten Wolfgang Houst von seiner Rückkehr in den Beruf abhalten.

Volle Kontrolle

Nach einer Depression hat Davide Zinke die Kontrolle über sein berufliches Schicksal zurückgewonnen.

Gesuchte Fachkraft

Nach ihrer Qualifizierung zur Einrichtungsberaterin für Küchentechnik ist Yasemin Alici gefragte Fachkraft wenn es um den Verkauf von Küchenmöbeln geht.

Die Hürden genommen

Als Wolfgang Houst nach einer Operation nicht in seinen alten Beruf zurückkehren konnte, stand er gleich vor mehreren Hürden. Denn er musste sich nicht nur beruflich neu orientieren, sondern war auch mit einem weiteren Handicap konfrontiert, das lange Zeit keine Rolle in seinem Leben gespielt hat: seiner Legasthenie. Doch er stellte sich der Herausforderung und bewältigte die Umschulung im Berufsförderungswerk (BFW) Berlin-Brandenburg.

20 Jahre arbeitete Wolfgang Houst als Automechaniker – ein Traumberuf für ihn und ein Knochenjob für seinen Körper. „Den ganzen Tag an Autos zu schrauben, ist natürlich anstrengend, aber trotzdem gibt es für mich keinen schöneren Beruf – schon als Kind habe ich Spielzeugautos immer erst auseinandergenommen und wieder zusammengebaut, bevor ich damit gespielt habe.“ Mit einem Tennisarm forderte die jahrelange körperliche Arbeit in der Werkstatt aber irgendwann ihren Tribut und nach einer notwendigen Operation am Ellenbogen war alles anders für den gebürtigen Schweizer. „Ganz plötzlich brach mir der Boden unter den Füßen weg und ich stand vor dem Nichts: Der Job weg und keine Perspektive in Sicht“, blickt er zurück auf den Moment, der sein Leben komplett auf den Kopf stellte.

Ein Jahr lang war er arbeitslos – eine Zeit voller Existenzangst und Unsicherheit. „Ich hatte keine Ahnung, wie es für mich weitergehen kann. Erst nachdem ich den Tipp bekam, mich um eine Umschulung zu bemühen, sah ich ein kleines Licht am Ende des langen Tunnels.“

Wolfgang Houst stellte bei der Rentenversicherung einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, der zunächst abgelehnt und dann aber nach einem erfolgreich eingelegten Widerspruch doch bewilligt wurde. Damit wurde allerdings auch ein altes Handicap wieder zum Thema: „In meinem vorherigen Beruf hat meine Lese- und Rechtschreibschwäche überhaupt keine Rolle gespielt, aber für die Umschulung zum Kaufmann für Büromanagement war sie auf einmal eine Riesenhürde.“ Erst nach einem intensiven Rehavorbereitungslehrgang im BFW Berlin fühlte sich Wolfgang Houst stark genug, den Anforderungen standzuhalten. „Leicht war es nicht: Ich habe oft gezweifelt, ob ich es schaffe“, erinnert er sich. Aber er biss sich durch und beendete die zweijährige Ausbildung erfolgreich – auch dank der Unterstützung seiner Dozenten im BFW und der Möglichkeit, die Abschlussprüfung mit einem sogenannten Nachteilsausgleich zu absolvieren.

Heute steht Wolfgang Houst wieder voll im Leben: Mit der Legasthenie geht der 48-Jährige in seinem neuen Job bei der Firma Pylones in Berlin ganz offen um: „Im Rechnungswesen muss ich nicht viel schreiben und wenn doch, unterstützen mich mein Chef und die Kollegen“, erklärt er. „Es war ein steiniger Weg – aber ich habe das Gefühl, dass ich mein eigentliches Handicap endlich besiegt habe.“

Volle Kontrolle

„In der Programmierung bin ich der Herr der Dinge“, erklärt Davide Zinke, warum er seinen neuen Job als Fachinformatiker so mag. Nach einer Depression hat der junge Mann im BFW Schömberg die Kontrolle über sein berufliches Schicksal zurückgewonnen.
Er war 24 Jahre alt, mitten in seiner Ausbildung zum Restaurantfachmann, als sich die Abwärtsspirale immer schneller drehte: Davide Zinkes psychische Probleme prägten sich zu einer Depression aus. „Ich bin noch nie sehr stabil gewesen“, sagt der heute 32-Jährige. „Aber das hatte eine andere Qualität.“

Harter Kampf
Drei Monate lang befand er sich in stationärer Behandlung. Diagnosen: Chronische Depressionen und ADHS. Weiterhin in direktem Kundenkontakt zu stehen, war ihm unmöglich. Der gerade erst eingeschlagene Berufsweg entpuppte sich als Sackgasse. Doch der engagierte Sozialdienst der Klinik zeigte ihm einen neuen Weg auf. Gemeinsam stellten sie bei der Agentur für Arbeit einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA). „Das war ein harter Kampf“, berichtet er. „Ich musste lange auf eine Antwort warten - und dann war es eine Ablehnung. Ich habe aber dank der tollen Unterstützung des Sozialdienstes einen wirksamen Widerspruch eingelegt.“ Die LTA waren zwar nun bewilligt, doch der Weg war noch nicht zu Ende: Mitten in einer Arbeitserprobung, in der seine beruflichen Weichen gestellt werden sollten, wurde er wieder in den Sog der Depression gezogen. Davide Zinke resümiert: „Der Kampf für die berufliche Reha war damals einfach noch ein Stück weit zu hart für mich. Ich musste noch einmal von vorne anfangen.“

„Das ziehst du jetzt durch“
Erst war Davide Zinke wieder für eineinhalb Monate in der Klinik und stabilisierte sich dort mit ärztlicher Hilfe, dann wollte er direkt den Antrag stellen – doch er musste ein Jahr warten, bevor er wieder eine Maßnahme beginnen konnte. „Das war nochmal eine harte Prüfung, aber ich hatte mir gesagt: Du lässt dich nicht aus der Bahn werfen. Das ziehst du jetzt durch.“ Und das tat er auch: Nach dem Jahr absolvierte Davide Zinke die Arbeitserprobung und entschied sich für die Umschulung zum Fachinformatiker im BFW Schömberg. „Ich dachte früher immer, Programmieren sei total trocken. Doch ein Browsergame, das ich gespielt habe, hat seinen Spielern Einblicke in die Programmierwelt gewährt und eine Art Crashkurs angeboten. Da habe ich gemerkt: Das tut mir total gut. Hier gebe ich die Struktur vor. Und das löst auch das Chaos in meinem Kopf auf.“ Mit entsprechend viel Elan hat er seine Umschulung im BFW Schömberg gemacht. Theorie und Praxis waren eng miteinander verzahnt – ein Glücksfall für Davide Zinke, der sein Praktikum bei Logcontrol absolvierte. Sowohl in den Arbeitsprozessen als auch im Zwischenmenschlichen harmonierten der gebürtige Saarländer und die Mitarbeiter seines Praktikumsbetriebs vom ersten Tag an. Am letzten Tag boten sie ihm einen Festvertrag an. Davide Zinke schlug ein.

Gesund bis zur Rente arbeiten
Und heute? „Meine Arbeit macht mir großen Spaß, ich habe tolle Kollegen, meine Chefs fordern und fördern mich – in diesem Job kann ich gesund bis zur Rente arbeiten. Vorher hatte ich das Gefühl, dass alles und jeder gegen mich ist, aber heute ist das genaue Gegenteil der Fall. Aus der Abwärts- ist eine Aufwärtsspirale geworden.“ Wobei man das eigentlich aktiv formulieren muss, denn die Richtung hat Davide Zinke aus eigener Kraft verändert.

Gesuchte Fachkraft

Nicht jeder Verkäufer, der in einem Möbelhaus arbeitet, kann auch Küchen verkaufen: Die besonderen Anforderungen an Küchenmöbel benötigen spezielles Know-how, über das nur Fachpersonal verfügt. Yasemin Alici wurde im BFW Dortmund zur Fachkraft ausgebildet.   Wegen Hüftproblemen konnte die gelernte Friseurin nicht mehr lange stehen und musste ihren Beruf aufgeben. Als sie in der Agentur für Arbeit nach Weiterbildungsmöglichkeiten fragte, riet man ihr dort direkt dazu, das BFW Dortmund aufzusuchen. Sie entschied sich für die Qualifizierung zur Einrichtungsberaterin für Küchentechnik (EBK). In der achtmonatigen Maßnahme lernte sie von der Materialkunde über die Bedienung des Planungsprogramms bis zur Verkaufsrhethorik alle Grundlagen für ihren neuen Beruf. Auch einen Praktikumsbetrieb für die zweimona-

tige Praxisphase hat Yasemin Alici bereits: „Das Unternehmen suchte EBK und fragte deswegen beim BFW an; die Ausbildung hatte sich herumgesprochen.“ Das Praktikum wird sie in ihrem Heimatort Herne absolvieren. Danach hat sie ihr Abschlusszertifikat in der Tasche – und sie ist auf dem neuesten Stand der Dinge. „Wir haben bereits zwei Küchenmessen besucht, um aktuelle Trends auf dem Schirm zu haben.“ Yasemin Alici kann das BFW nur weiterempfehlen: „Ich habe neue Freundschaften geschlossen und nutze auch den Medizinischen Dienst und die Sportangebote hier. Ich bin sehr zufrieden.“ Das bevorstehende Praktikum macht sie noch ein wenig nervös, doch schon in der Ausbildung hat sie am meisten Spaß an der praktischen Planung im CAD-Programm. Ihrem Schritt zurück ins Arbeitsleben steht somit nichts mehr
im Wege.

Es gibt immer einen Weg

Das Schicksal legte ihm zahlreiche Steine in den Weg – und doch fand Ernst Bruckner den Weg zurück ins Arbeitsleben.

Umschulung als junger Mensch

Noch keine 30, aber zurück im Job: Timo Merz hat erfolgreich gegen Krankheit und Arbeitslosigkeit gekämpft.

Nach Schlaganfall wieder im Beruf

Erfolgreich umgeschult: Mandy Wünsche trägt heute zur Trinkwasserqualität bei.

Es gibt immer einen Weg

Ernst Bruckners Berufsweg war lange Zeit von Sackgassen geprägt - doch in Neumarkt, wo das BFW Nürnberg eine Geschäftsstelle zur Durchführung wohnortnaher Reha-Maßnahmen unterhält, gelang der Durchbruch.
Kurz nach der Ausbildung zum Bäcker entwickelte er eine Mehlstauballergie und musste sich neu orientieren. Als ungelernter Hilfsarbeiter begann er bei einer Metallfirma und kletterte 17 Jahre lang Stufe für Stufe die Karriereleiter hinauf - vom Maschinenbediener über den Fachlackierer bis zum Industriemeister. "Diese Tätigkeit führte ich gerade mal zwei Jahre aus, als das Schicksal meinte, es müsse mir mal wieder ein paar Steine in den Weg legen", sagt der zweifache Familienvater. Er brach auf der Arbeit zusammen, der Arzt diagnostizierte Hautkrebs, der schon in die Knochen gestreut hatte. Aber Ernst Bruckner ist ein Kämpfer. Er besiegte den Krebs! Körperlich und seelisch war er danach so ausgelaugt, dass er nicht mehr in den vorherigen Beruf zurückkehren konnte.

Die Deutsche Rentenversicherung bewilligte seinen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und sandte ihn zu einer Arbeitserprobung ins BFW Nürnberg, die ihm eine Umschulung zum IT-Systemkaufmann empfahl. Mit Unterstützung des BFW machte er diese in einem Unternehmen, das ihm eine anschließende Festeinstellung in Aussicht stellte. Nach bestandener Prüfung wollte davon im Betrieb allerdings niemand mehr etwas wissen. Er kontaktierte wieder das BFW in Neumarkt. „Auch wenn ich nicht mehr in der Betreuung des BFW war, dachte ich mir, ich habe nichts zu verlieren.“ Tatsächlich vermittelte ihm das BFW ein Vorstellungsgespräch in einem Unternehmen. Er stellte sich vor – und wurde fest eingestellt. „Auch wenn es noch so schlecht aussieht, es gibt immer einen Weg“, rät er. „Zum Beispiel ins BFW in Neumarkt.“

Umschulung als junger Mensch

„Ich habe viel Glück gehabt“, sagt Timo Merz. Dabei konnte er gesundheitlich
lange nicht von Glück reden. Eine Entzündung des Nierengewebes änderte sein
Leben von Grund auf. Seinen Beruf als Elektriker konnte der 29-Jährige nicht mehr ausüben. Dank einer kooperativen Ausbildung im BFW Heidelberg ist er trotzdem gut im Berufsleben angekommen.

IgA-Nephritis oder auch Morbus Berger wird die Entzündung des Nierengewebes in der Medizin genannt. Zehn Prozent der Betroffenen müssen zur Dialyse –
Timo Merz gehört dazu. Nach seiner Ausbildung zum Elektriker arbeitete er zunächst auf dem Bau, aber die anstrengende körperliche Arbeit, der Staub und Schmutz waren Gift für seine Gesundheit. Sein Reha-Berater bei der Rentenversicherung empfahl ihm die Berufsfindung im BFW Heidelberg. „Schnell kamen wir auf den Technischen Produktdesigner, weil es mir Spaß macht, Maschinen zu entwerfen. Hier konnte ich auf mein Wissen über elektrische Schaltpläne aufbauen“, erklärt Timo Merz. Kurz vor der Zwischenprüfung bremste ihn sein Körper erneut aus. Auf Grund der vielen Fehlzeiten musste er viel Stoff nachholen.

Durch eine Lehrkraft erfuhr er von der kooperativen Ausbildung im Betrieb: Bei dem Pilotprojekt "Inklusion durch Kooperation" der BFW in Baden-Württemberg absolvieren Reha-Teilnehmer einen großen Teil der Umschulung im Unternehmen – so lernen sie noch vor dem Abschluss den Arbeitsalltag kennen. Timo Merz konnte bei einer Firma für Schleifringe einsteigen. "Das war ein echter Glücksfall: Ich durfte direkt in der Konstruktion anfangen, konnte mir aber auch die nötige Zeit zum Lernen nehmen. Dadurch kannte der Betrieb mich - und ich kannte meine Arbeit, das hat den Einstieg nach dem Abschluss sehr erleichtert." Seine Lehrkräfte sorgten dafür, dass der Kontakt zum BFW bestehen blieb. Ein Dozent fuhr mehrmals die 300 Kilometer von Heidelberg nach Tuttlingen, um die Ausbildung abzustimmen. "Die direkte Einbindung in die berufliche Praxis ist ein großer Vorteil. Die kooperative Ausbildung eignet sich deswegen besonders für Reha-Teilnehmer, die sich Inhalte gut selbst erarbeiten können", sagt Timo Merz. Ein weiterer Pluspunkt: Seine Termine für die Dialyse sind mit einer reduzierten Arbeitszeit vereinbar. Der finanzielle Ausgleich dafür kommt von der Deutschen Rentenversicherung. Timo Merz ist froh über seine Ausbildung und seinen Arbeitsplatz. Und das tut auch seiner Gesundheit gut.

Nach Schlaganfall wieder im Beruf

Mit 28 Jahren erlitt Mandy Wünsche einen Schlaganfall. "Zum Glück war ich mit Freunden unterwegs, die mich sofort ins Krankenhaus brachten. Ich weiß nicht, ob ich noch hier wäre, wenn mir das zu Hause passiert wäre." Als Qualitätsprüferin arbeitete die Stuttgarterin im Schichtdienst. Das war nun nicht mehr möglich - ihr Arzt riet von einer Rückkehr zu unregelmäßigen Arbeitszeiten ab, da diese das Rückfallrisiko erhöhen können. "Danach hatte ich vier Jahre lang nur Gelegenheitsjobs. Eine Kur schlug zu dem Zeitpunkt gut an und machte mich endlich wieder richtig fit." Nach der medizinischen Reha stellte Mandy Wünsche erfolgreich einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei der Rentenversicherung und begann kurz darauf mit der Umschulung zur Kauffrau für Bürokommunikation im BFW Schömberg.

"Die Dozenten waren sehr engagiert - auch über das Fachliche hinaus. Ich hatte für alles einen Ansprechpartner. Zu einigen habe ich heute noch über Soziale Medien Kontakt." Direkt im Anschluss an die Qualifizierung fand sie einen Job bei AQS Baden-Württemberg. Dort ist sie daran beteiligt, dass unser Trinkwasser genießbar bleibt. "Wir testen Trinkwasserprüfstellen, indem wir ihnen Proben mit Verunreinigungen zusenden. Damit wird sichergestellt, dass diese Stoffe auch im Trinkwasser bemerkt werden. Dabei gibt es für uns strenge Vorschriften: Für meine Aufgabe der Versandabwicklung der Proben gehe ich mit ins Labor. Ich bin also mittendrin im Geschehen."

Berufliche Neuorientierung zur Chefsache gemacht

Arbeitskraft erhalten: Mitarbeiterführung in Zeiten des Fachkräftemangels.

Neustart im sozialen Bereich

Nach einer Umschulung zur Arbeitspädagogin arbeitet die junge Frau heute im sozialen Bereich.

Das Beste aus allem gemacht

Ein Bandscheibenvorfall bremste Heiko Göhl aus. Dank einer Ausbildung im BFW kann er heute den Blick konsequent nach vorne richten.

Heiko Goehl

Berufliche Orientierung zur Chefsache gemacht

Nach der dritten Operation an der Bandscheibe war es Sven Krüger klar, dass sich etwas an seiner Arbeitssituation ändern musste: Bei der Wartung von Maschinen für die Kunststoffverarbeitung gehörten schweres Heben und Zwangshaltungen zu seinem Alltag. Glücklicherweise konnte er mit diesem Anliegen zu seinem Chef gehen: "Ich arbeite seit fast 20 Jahren in der Firma und gehöre quasi zum Inventar." Auch sein Chef hatte großes Interesse daran, das Know-how des gelernten Elektromonteurs im Betrieb zu halten - bereits zuvor hatte er ihn aus der Produktion in die Instandhaltung versetzt, um seine Gesundheit zu schonen. Da eine Stelle als Netzwerkadministrator frei war, sollte Sven Krüger sich für diese qualifizieren.

Er organisierte ein Beratungsgespräch bei der Deutschen Rentenversicherung, die ihm eine Fortbildungsmaßnahme im BFW Sachsen-Anhalt empfahl - dafür sollte er einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben stellen. Im BFW fühlte er sich von Anfang an wohl: "Der Unterricht ist super und auch mit den Ausbildern habe ich ein gutes Verhältnis." Von den anderen Teilnehmern unterscheidet ihn, dass er nicht die vollen zwei Jahre Ausbildung mit abschließender Prüfung braucht: In seinem Fall reicht eine einjährige Qualifizierung, während der er als Praktikant für seinen Arbeitgeber da sein kann. "Den administrativen Teil der Instandhaltung kann ich ja weiterhin erledigen. Nach der Qualifizierung wird das die Hälfte meiner Aufgaben ausmachen; die restliche Zeit bin ich dann Netzwerkadministrator."

Neustart im sozialen Bereich

„Es klingt verrückt, aber ich bin sogar ein bisschen froh über meinen Bandscheibenvorfall“, sagt Kerstin Eilers. „Denn letztendlich er hat mich genau da hin gebracht, wo ich immer hin wollte.“ Nach einer Umschulung zur Arbeitspädagogin im BFW Weser-Ems arbeitet die junge Frau heute im sozialen Bereich.

Die heute 26-Jährige arbeitete nach ihrer Ausbildung als Floristin in einer Baumschule – ein anstrengender Beruf, der die junge Frau bis an ihre körperliche Grenze brachte: „Die langen Arbeitszeiten im Verkauf, das viele Stehen und das Tragen schwerer Pflanzen bei Wind und Wetter – auf Dauer hat mein Rücken einfach nicht mitgespielt.“ Ein Bandscheibenvorfall im Halswirbelbereich war das Ergebnis der Überlastung, doch trotz Schmerzen arbeitete Kerstin Eilers in ihrem Job weiter. „Ich sah damals einfach keine Alternative“, erklärt sie. „Einen Ausweg aus meinem Dilemma habe ich erst gefunden, als mir mein Arzt von den Möglichkeiten der beruflichen Rehabilitation erzählte.“ Daraufhin stellte sie bei der Agentur für Arbeit erfolgreich den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben – und begann mit 24 Jahren noch einmal von vorn. „Ich hatte von Anfang an sehr konkrete Vorstellungen davon, wie meine berufliche Zukunft aussehen sollte: Ich will nicht mit Computern arbeiten, sondern mit Menschen. Und darum hat mich das Berufsbild des Arbeitspädagogen im Berufsförderungswerk Weser-Ems sofort angesprochen“, sagt Kerstin Eilers. „Der soziale Bereich hat mich bereits als Jugendliche sehr interessiert: Als Babysitterin eines Kindes mit Beeinträchtigungen habe ich schon damals gespürt, wie bereichernd die Arbeit mit behinderten Menschen ist. Leider habe ich damals eine andere berufliche Richtung eingeschlagen.“

Dass der neue Weg der Richtige für sie ist, bestätigten eine entsprechende Arbeitserprobung im BFW und ein freiwilliges Praktikum in einer Einrichtung für Schwerbehinderte. „Das war eine wichtige Unterstützung, um mich ganz bewusst für die anspruchsvolle Ausbildung zu entscheiden.“

Die Zukunft fest im Blick
Während der Umschulung lebte Kerstin Eilers im Internat des BFW in Bookholzberg, nur an den Wochenenden fuhr sie zurück nach Hause. „Die Entfernung war einfach zu groß, um jeden Tag zu pendeln“, sagt die Emsländerin. „Aber nicht nur aus diesem Grund habe ich die Möglichkeit gerne wahrgenommen, während der zwei Jahre im BFW zu wohnen: Die klare Trennung von Privatleben und Ausbildung hat mir enorm geholfen, mich voll und ganz aufs Wesentliche zu konzentrieren – auf meinen neuen Beruf.“ Ergänzt wurde die Ausbildung durch ein Praktikum in einer Werkstatt für behinderte Menschen: „Die Umsetzung der theoretischen Inhalte im tatsächlichen Arbeitsalltag fand ich besonders wertvoll, denn gerade in der praktischen Arbeit mit behinderten Menschen habe ich wichtige Erfahrungen gesammelt, die mir heute in meinem Job helfen.“ Seit Januar arbeitet Kerstin Eilers als Gruppenleiterin im Christophorus-Werk e.? V. in Lingen und unterstützt dort Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. „Ich bin rundum glücklich mit meiner neuen Aufgabe. Denn ich bin genau dort angekommen, wo ich immer hin wollte. “

Das Beste aus allem gemacht

"Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben", soll Albert Einstein gesagt haben. Ganz ähnlich geht es Heiko Göhl, der dank einer erfolgreichen Umschulung den Blick konsequent nach vorne richtet: "Ich habe mit den alten Zeiten abgeschlossen - für mich zählt nur noch das Neue."

Das lange Sitzen im Auto und dazu oft schwer heben: Als Verkaufsfahrer für Autolacke ging Heiko Göhl immer bis an die körperliche Grenze - und weit darüber hinaus. "Rückenschmerzen waren für mich jahrelang an der Tagesordnung, trotzdem bin ich ständig unterwegs gewesen", erzählt er. Doch irgendwann forderte die dauernde Überbelastung ihren Tribut: Ein Bandscheibenvorfall bremste ihn letzendlich aus. Nach der Operation machten die Ärzte Heiko Göhl klar, dass er so auf keinen Fall weiter machen kann. "Das zieht dir erst mal den Boden unter der Füßen weg", erinnert er sich. "Denn es ging ja nicht nur um meine Gesundheit, sondern auch um meine berufliche Existenz."

Eine neue Perspektive
Zu seinem Glück erfuhr er bereits in der Anschlussheilbehandlung von den Maßnahmen der berufliche Rehabilitation und stellte bei der Deutschen Rentenversicherung einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, der auch bewilligt wurde. "Die Zusage zur Wiedereingliederung war natürlich eine Erleichterung, weil ich wusste, dass es jetzt eine Perspektive gibt", sagt Heiko Göhl. Wie diese allerdings genau ausehen könnte, das war dem Familienvater noch nicht klar. "Aber auch mit dieser grundlegenden Fragestellung wurde ich nicht alleingelassen: Im Rahmen einer Arbeitserprobung konnte ich zunächst testen, welcher Beruf der richtige für mich ist." Mit der anschließenden Entscheidung, sich im BFW Thüringen zum Bürokaufmann ausbilden zu lassen, stellte der gelernte Facharbeiter für Warenumschlag die Weichen für seine berufliche Zukunft: "Anfangs war es schon eine seltsame Vorstellung, als gestandener Mann mit jahrelanger Erfahrung im Arbeitsleben wieder wie ein Berufsanfänger auf der Schulbank zu sitzen, aber sehr schnell habe ich den vermeintlichen Rückschritt als positive Herausforderung angenommen, die mich voran bringt."

Chance ergriffen
Zwei Jahre dauerte die Ausbildung – eine Zeit, an die der heute 45-Jährige sehr gerne zurückdenkt. „Ich habe mich im BFW einfach gut aufgehoben gefühlt – menschlich und fachlich. Jederzeit hatte ich die Sicherheit, dass ich kompetent begleitet werde und mich bei Problemen an einen BFW-Mitarbeiter wenden kann“, erinnert sich Heiko Göhl. Auch der Zusammenhalt unter den Teilnehmern ist ihm bleibend in Erinnerung geblieben: „Da gab es kein Gegeneinander, im Gegenteil, wir haben uns beim Lernen geholfen und unterstützt, wenn einer mal einen Durchhänger hatte.“ Der wichtigste Ansporn war für Heiko Göhl aber immer seine Familie. „Meine Frau und mein Sohn haben mir die Kraft gegeben, auch in schwierigen Phasen den Blick nach vorne zu richten und mich immer wieder motiviert, mit Volldampf weiter zu machen.“ Auch durch diesen Rückhalt absolvierte er seine Ausbildung erfolgreich und konnte direkt nach der Abschlussprüfung in seinem neuen Job durchstarten: „Ich war in der glücklichen Lage, dass ich alle Praktika, die ein wesentlicher Teil der Ausbildung sind, bei der Fidelis HR machen konnte und so die Chance hatte, mich dort zu beweisen.“ Schnell war man im Unternehmen, einem führenden Anbieter von Personalmanagement-Lösungen, vom angeh­enden Bürokaufmann aus dem BFW überzeugt und stellte ihm eine Übernahme in Aussicht: „Das zu wissen, hat mir ganz viel Sicherheit gegeben – noch beruhigter hätte ich gar nicht in meine Prüfungen gehen können“, sagt Heiko Göhl mit einem Schmunzeln. Seit Juni ist er bei der Fidelis HR in Zwickau festangestellt: Als Lohn- und Gehaltsabrechner kümmert sich der ehemalige Verkaufsfahrer nun darum, dass die Angestellten seiner Kunden jeden Monat ihr Geld auf dem Konto haben. „Ein spannender Beruf, der mich täglich aufs Neue fordert. Ich komme zwar nicht mehr so viel herum wie früher, dafür kann ich heute nach Feierabend zu meiner Familie nach Hause fahren“, zieht er positiv Bilanz. „Sitzen gehört zwar nach wie vor zum Job, aber mit den entsprechenden technischen Hilfsmitteln ist das kein Problem. Außerdem weiß ich heute, wie ich Belastungen frühzeitig entgegen wirken kann – auch das habe ich im BFW gelernt.“

Das Beste aus allem gemacht
„Wenn ich heute auf mein altes Berufsleben zurückblicke, empfinde ich keine Wehmut“, betont Heiko Göhl. „Ich würde jede Entscheidungen wieder genauso treffen. Auch dank der Unterstützung des BFW habe ich aus allem das Beste machen können.“

Mehr als qualifiziert

Als Cordula Haasis am Rande ihrer Kräfte ist, sucht sie sich Hilfe. Im Berufsförderungswerk findet sie weit mehr als „nur“ eine Umschulung.

Cordula Haasis
Beschleunigt in die Zukunft

Mit 22 Jahren geben die meisten Menschen beruflich richtig Vollgas. Nicht so Thomas Friedrich: Ein Bandscheibenvorfall bremste ihn aus.

Thomas Friedrich
Hartnäckig geblieben

Ein versteiftes Ellbogengelenk schränkt Maik Weber ein, doch ohne es hätte er nie die berufliche Erfüllung gefunden.

Maik Weber

Mehr als qualifiziert

Als Cordula Haasis am Rande ihrer Kräfte ist, sucht sie sich Hilfe. Im Berufsförderungswerk findet sie weit mehr als „nur“ eine Umschulung.

Als selbstständige Grafikerin war Cordula Haasis zwar gut im Geschäft, doch sie folgte ihrer Leidenschaft und begann ein Studium der Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. Ein gewagter Schritt wie sich zeigen sollte, aber die Frau aus der Ostalb ist ihr Leben seit jeher mit einer gehörigen Portion Optimismus angegangen. Leider musste sie ihre Grenzen kennenlernen: „Die Arbeitssuche nach dem Studium war eine schwierige Phase meines Lebens, aber das war ok, das hatte ich mir ja selbst eingebrockt“, schmunzelt sie und fügt etwas leiser an:  „Als sich dann aber auch noch privat eine Katastrophe ereignete, war ich am Ende meiner Kräfte. Ich war im Kopf wie ausgebrannt, auch körperlich schlapp – die klassischen Burnout-Symptome. Ich habe mir dann professionelle Hilfe geholt.“

Mit Erfolg: Nach stationärer Behandlung war sie wieder bei Kräften und ging mit gewohntem Elan das Thema „Rückkehr in den Beruf“ an. Da sie nach dem Studium nun schon längere Zeit arbeitssuchend gemeldet war, bedeutete das im ersten Schritt Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei der Arbeitsagentur zu beantragen. „Da ich gerne mit Metall arbeite, hatte ich schon früh ein Auge auf die Ausbildung zur Industriemechanikerin geworfen. Also habe ich eine Arbeitserprobung im BFW Schömberg gemacht und nur einen Monat nach dem positiven Ergebnis die Ausbildung begonnen.“

Rundum versorgt
Zwei Jahre dauerte die Qualifizierung, zwei Jahre ist sie dafür ins Internat des BFW gezogen. „Natürlich ist es nicht leicht,  sein gewohntes Umfeld zeitweise zu verlassen, aber ganz ehrlich: Es gibt nichts Besseres, um sich zu hundert Prozent auf die Ausbildung zu konzentrieren. Und darüber hinaus wird das Zimmer gereinigt, in der Kantine wird gekocht, es ist fast wie im Hotel“, scherzt sie.  „Insbesondere die begleitenden Dienste waren wichtig, weil wir ja alle wegen gesundheitlicher Probleme im BFW gewesen sind: Ich wusste immer, dass ich bei einem Rückfall auf den psychologischen Dienst zurückgreifen kann. Allein das zu wissen, hat geholfen. Und ohne den hervorragenden medizinischen Dienst hätte ich die Prüfung gar nicht schreiben können."

Die rettende Idee
Das wäre doppelt schade gewesen, denn letzten Endes hat sie als Gruppenbeste abgeschlossen. „Ich hatte mir ein hartnäckiges Karpaltunnelsyndrom zugezogen. Ich hatte solche Schmerzen, ich konnte keinen Stift für länger als ein paar Sekunden benutzen. Normalerweise wird das operativ behandelt, aber mir rannte ja die Zeit davon. Zum Glück hatte der BFW-Arzt die rettenden Idee.“ Er schlug ihr eine alternative Schmerztherapie vor – und die schlug gut an: Sie konnte die Prüfung schreiben. „Das war die letzte Hürde. Ab da ging es nur noch bergauf“, sagt sie. Und hat im wahrsten Sinne des Wortes recht. Denn als sie sich bei Liebherr Aerospace im hochgelegenen Allgäu bewarb, wurde sie eingestellt.
Ende gut, alles gut? „Auf jeden Fall! Es ist wichtig, dass man sich auch mal eingesteht, dass man Hilfe braucht – und sie annimmt. Zum Glück macht das BFW mehr als nur Qualifizierung, denn sonst wäre ich heute nicht im Arbeitsmarkt.“

Beschleunigungs­streifen in die Zukunft

Mit 22 Jahren geben die meisten Menschen beruflich richtig Vollgas. Nicht so Thomas Friedrich: Ein Bandscheibenvorfall bremste den gelernten Schreiner kurz nach der Ausbildung aus.

Doch er gab nicht auf, stellte bei der Rentenversicherung einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und begann im BFW Heidelberg eine zweijährige Weiterbildung zum Gebäudesystemtechniker – für den jungen Mann der direkte Weg auf die berufliche Überholspur: „Die Ausbildung im BFW hat mich so motiviert, dass ich mich noch weiter entwickeln wollte.” Und da er mit der erfolgreichen Abschlussprüfung die Fachhochschulreife erlangt hatte, studierte er im Anschluss Ingenieurwesen an der SRH Hochschule in Heidelberg.

Das Studium musste Thomas Friedrich zwar selbst finanzieren, aber gelohnt hat sich das Engagement auf jeden Fall: Als Projektleiter entwickelt er heute bei einem renommierten Unternehmen Softwarelösungen für Gebäudetechnik und Facility Management. „Ein anspruchsvoller Job, in dem ich mich rundum gefordert fühle”,  sagt Thomas Friedrich. „Dass ich einmal so weit kommen würde, hätte ich nie gedacht, schließlich hatte ich ‚nur’ einen Realschulabschluss.  Das BFW war für mich ein echter Türöffner – auf meinem Weg zurück in den Beruf, aber ganz besonders auch, weil hier meine Ambitionen geweckt wurden, mehr erreichen zu wollen. ”

Hartnäckig bleiben – Stärke zeigen

„Ich habe ein lachendes und ein weinendes Auge“, sagt Maik Weber. Ein versteiftes Ellbogengelenk schränkt ihn zwar bei alltäglichen Aufgaben wie beim Haarekämmen ein, doch ohne es hätte er nie die berufliche Erfüllung gefunden.

Maik Weber ist buchstäblich ein starker Typ. Das sieht man ihm nicht nur an, er hat es auf der Arbeit tagtäglich unter Beweis gestellt: „Ich habe in der Tierfutterproduktion gearbeitet: 50-Kilo-Säcke anheben, aufschneiden und in ein Silo schütten. Da sind einige Tonnen täglich zusammengekommen. Mit dem Arm natürlich gar nicht möglich.“ Im 135-Grad-Winkel steht der linke Unterarm heute vom Oberarm ab. Für immer. Grund dafür war eine Entzündung im Gelenk nach einer Operation, die eigentlich Routine sein sollte. „Als klar war, dass das so bleibt, habe ich mich natürlich gefragt: Was machst du jetzt mit deinem Leben? Plötzlich standen Begriffe wie Teilrente im Raum – und das in meinem Alter! Da war mir klar, dass ich schnell handeln muss“, sagt der 46-Jährige.

Der Job des Lebens
Also hat er sich auf eigene Faust informiert, über Umwege von den Berufsförderungswerken (BFW) erfahren und sich beim Info-Tag zum Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) informiert. Den Antrag stellte er bei der Deutschen Rentenversicherung; er wurde bewilligt und Maik Weber. zur Arbeitserprobung in ein Berufsförderungswerk eingeladen. „Die gute Nachricht war: Der Kopf funktioniert ganz gut. Die schlechte: Ein Bürojob hätte mich todunglücklich gemacht. Ich hatte an Materialprüfer gedacht, aber mir wurde etwas noch Besseres angeboten.“

Der Qualitätsfachmann vereint nämlich Werkstoffprüfung, Koordinatenmesstechnik, Prüfplanung, Fertigungskontrolle und die Prüfmittelüberwachung in einem. „Als ich die Ausbildungsinhalte erfuhr, hab ich mir gesagt: Das ist genau der Job, den ich schon immer hätte machen sollen.“ Denn zwei Eigenschaften kommen Maik W. zu Gute: sein penibler Sinn für Ordnung und sein technisches Verständnis.

Zur rechten Zeit flexibel gedacht
Doch nun kam die nächste Hürde: Die Ausbildungsorte waren zu weit von seiner Heimat entfernt. Als Familienvater kam eine Unterbringung im Internat nicht in Frage, aber im richtigen Moment hatte der sture Sachse eine kreative Idee: „Ich hab meinen Sachbearbeiter gefragt, warum wir nur in Sachsen nach Ausbildungsorten schauen, wo ich doch an der Grenze zu Thüringen wohne. Und ob man das Geld für die Unterbringung nicht auch in Fahrgeld umwandeln könnte.“ Beide Ideen haben gezündet: Im BFW Thüringen, das gerade mal 30 Kilometer von ihm entfernt lag, hat er seine Ausbildung absolviert und einen Monat später einen Arbeitsvertrag in der Tasche. „Ich kannte die Firma vom Tag der offenen Tür. Auf einer Jobmesse in der Zwickauer Stadthalle, wo ich eigentlich einen Job für meinen Sohn finden wollte, hatte diese Firma einen Stand, wir kamen ins Gespräch – und schon hatte ich einen Praktikumsplatz. Mein Sohn ist auch noch fündig geworden.“ Das Beste an dem Job sei die Abwechslung. „Wir fertigen Kleinserien und Spezialmotoren nach Kundenwunsch. Dadurch hat jeder Tag seine eigene Herausforderung für mich.“ Rückblickend sagt er: „Die ganzen letzten Jahre haben mir einiges an Kraft abverlangt. Zum Glück bin ich so ein Dickkopf! Das hat mich davor bewahrt, bei Hindernissen aufzugeben, und immer wieder dazu angetrieben, mein Glück selbst in die Hand zu nehmen.“

Kaum zu glauben

„Nach 22 Jahren im Einzelhandel war für mich eigentlich völlig klar: Das mache ich bis zur Rente.“ Doch dann kam alles anders.

Nektaria Zournatzidou
Alle Hürden überwunden

Viele zweifeln: Mit 49 Jahren einen unbefristeten Arbeitsvertrag nach einer Umschulung erhalten – geht das? Es geht, wie Liane Rouschal eindrucksvoll zeigt.

Liane Rouschal
Herausforderung gemeistert

Mit einem bösen Foul beim Fußball fing es an, das für den damals 14-Jährigen schwerwiegende Folgen hatte.

Ramon Heinrich

Kaum zu glauben

„Im ersten Moment wollte ich das gar nicht wahr haben“, sagt Nektaria Zournatzidou. „Nach 22 Jahren im Einzelhandel war für mich eigentlich völlig klar: Das mache ich bis zur Rente.“ Doch als sie sich die Beugesehne im Daumen so verletzte, dass auch nach der medizinischen Reha an tagtägliches Ein- und Ausräumen von Waren nicht mehr zu denken war, musste sie sich neu orientieren – und schaffte das dank der Unterstützung des BFW Köln. 

Am Standort Brühl, und damit wohnortnah, absolvierte sie eine neunmonatige Qualifizierung zur Bürogehilfin. „An meinem ersten Tag, auf dem Weg zum BFW, bin ich unsicher gewesen. Was erwartet mich da?“, gibt sie zu. „Aber als ich dann vor Ort war, habe ich gemerkt, dass ich gut aufgehoben bin.

Ich wurde in allem unterstützt.  Sei es bei der Ausbildung an sich, beim Bewerbungstraining oder vielen anderen Fragen – alle BFW-Mitarbeiter hatten immer ein offenes Ohr für mich. Allein das zu wissen, hat sehr geholfen. Ab dem zweiten Tag bin ich also immer gerne zum BFW gefahren.“ Und das hat sich gelohnt: Auch im Praktikum bei einem Rechtsanwalt zeigte die Mutter zweier Kinder ihren Enthusiasmus. Und am Ende stand die unbefristete Beschäftigung in der Kanzlei. Gerade mal zehn Gehminuten von  ihrer Haustür entfernt. „Wenn ich bedenke, dass ich am Anfang nahezu hoffnungslos gewesen bin, aber nun einen Arbeitsplatz habe, der mir sogar besser gefällt als der zuvor, fällt es mir noch schwer, das alles zu glauben. Aber diesmal mit einem positiven Gefühl.“

Alle Hürden überwunden

Viele zweifeln: Mit 49 Jahren einen unbefristeten Arbeitsvertrag nach einer Umschulung erhalten – geht das? Es geht, wie Liane Rouschal eindrucksvoll zeigt.

Eine Lebensmittelunverträglichkeit ist unangenehm – aber ein Grund für Berufsunfähigkeit? „Ich wollte mir das lange nicht eingestehen, und habe letztlich noch vier Jahre damit weitergearbeitet“,  sagt die Mutter einer erwachsenen Tochter. Wenn Liane Rouschal als stellvertretende Filialleiterin im Einzelhandel mit Mehlstaub in Berührung kam, begann das große Kribbeln, das sich bis in die Abendstunden zu handfestem Hautausschlag und nachhaltigen Magen-Darm-Beschwerden ausweitete. „Noch heute muss ich regelmäßige Tests beim Arzt machen, weil die beeinträchtigte Nährstoffaufnahme meinen Organismus schwächt.“

Als der Einzelhandelkonzern 2010 die Türen der Filiale schließt, ordnet die Arbeitsagentur ein medizinisches Gutachten an mit dem Ergebnis: In den Lebensmittelhandel kann sie nicht zurück, andere Handelsbereiche sind wegen eines Rückenschadens auch nicht zumutbar. Daher empfahl ihr die Arbeitsagentur, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) zu beantragen."
Da sie schon 15 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt hatte, war die Rentenversicherung ihr zuständiger Reha-Träger. Die lehnte den Antrag zunächst ab, mit dem Hinweis, sie sei sechs Stunden täglich arbeitsfähig. „Das hat mich empört. Man hatte bloß meine Wirbelsäule in das Gutachten einfließen lassen. Dass ich zusätzlich die Lebensmittelunverträglichkeit und einen Herzklappenfehler habe, wurde ignoriert.“

Sofort bereitete sie den Widerspruch vor und suchte sich den fachlichen Rat bei ihrer Hausärztin für die medizinische Begründung. „Die hat sich ganz viel Zeit für mich genommen. Es ist erstaunlich, wie hilfsbereit die meisten Menschen sind – man muss nur fragen.“ Mit Erfolg: Im Widerspruchsverfahren wurde der Antrag genehmigt. Hilfe von allen Seiten Im Berufsförderungswerk Sachsen-Anhalt begann sie nach einem Vorbereitungslehrgang eine Umschulung zur Technischen Prouktdesignerin. „Das war ideal. Meine erste Ausbildung hatte ich 1984 zur Zerspanungsmechanikerin absolviert.

Die Kenntnisse habe ich im Vorbereitungslehrgang aufgefrischt, ergänzt und bin dann frisch ans Werk gegangen. Bis mich eine weitere Erkrankung rausgerissen hat.“ Nur drei Monate nach Ausbildungsbeginn musste sie ein Jahr aus gesundheitlichen Gründen pausieren. Doch sie hat sich nicht entmutigen lassen: „Dass ich die Ausbildung letztlich doch abschließen konnte, lag auch an der tollen Unterstützung vom BFW. Die Köchin hat extra für mich ein glutenfreies Essen gekocht, krankheitsbedingte Lernausfälle konnte ich durch individuellen Förderunterricht ausgleichen – und dann waren da noch meine Klassenkameraden, die mich in ihre Lerngruppen integriert haben.“ Das BFW unterstützte sie auch dabei, einen Arbeitgeber zu finden, der sie nun unbefristet übernommen hat.

Fünf Jahre ist es nun her, dass sie vor dem beruflichen Aus stand: „Erst das Widerspruchsverfahren, dann die Krankheit während der Umschulung und ständig diese Unsicherheit: Trotz der vielen Rückschläge habe ich nicht aufgegeben. Aber alleine hätte ich es nicht geschafft. In so einer Situation ist es wichtig, nicht nur den Kampf, sondern auch Hilfe anzunehmen.“

Herausforderung gemeistert

Mit einem bösen Foul fing es für Ramon Heinrich an: „Als ich 14 war, hat mir ein Gegenspieler beim Fußball dermaßen in den Bauch getreten, dass es mir die Innereien zerrissen hat. Noch heute darf ich nicht schwer heben und habe deswegen einen Behindertenausweis.“

Als ein befristeter Vertrag im öffentlichen Dienst für den IT-Kaufmann nicht verlängert worden ist, stellte er fest, dass seine Ausbildung allein auf dem Arbeitsmarkt nicht ausreichte.

Mit einem Bildungsgutschein der Arbeitsagentur ausgestattet absolvierte er im BFW Stralsund die benötigte neunmonatige Weiterbildung zum Microsoft Certified IT Professional (MCITP) und Microsoft Certified Solution Expert (MCSE). Mit Erfolg: Heute hat er einen unbefristeten Vertrag als Netzwerkadministrator an der Fachhochschule Güstrow und fühlt sich rundherum erfüllt. „Jeder Tag hat seine Herausforderungen, die ich meistere und dank der Chance, die sich mir geboten hat, kann ich heute neue Wege gehen.“

Kooperativ ausgebildet

1990 wanderte der hörbehinderte Zia Ahmad Wafi nach Deutschland aus und erworb die Fachholfschulreife. Trotzdem wurden seine Bewerbungen abgelehnt.

Zia Ahmad Wafi
Arbeitsplatz gesichert

Doris Macagnino arbeitete als Reinigungskraft in einem Krankenhaus – bis ein Unfall diese körperlich schwere Arbeit nicht mehr zuließ.

Doris Macagnino
Raus aus der Schieflage

Aufgrund einer Beckenfehlstellung konnte Carsten Intemann als Lagerist nicht mehr arbeiten – doch das berufliche "Aus" bedeutete das nicht.

Carsten Intemann

Kooperativ ausgebildet

Wenn Zia Ahmad Wafi spricht, zieht er seine Gegenüber in Bann. Er ist seit seinem ersten Lebensjahr hörbehindert. Das hört und sieht man (am Hörgerät), fällt aber nicht groß ins Gewicht – der Zuhörer lässt sich viel zu sehr von seiner positiven Energie elektrisieren. „Ich bin mir zwar sicher, dass ich die Prüfung zum Einzelhandelskaufmann schaffe“, sagt der gebürtige Afghane. „Aber selbst wenn nicht: Ich finde immer neue Wege. Das hat die Vergangenheit gezeigt.“ Den Weg zur beruflichen Teilhabe haben Arbeitsagentur und BFW gleichermaßen geebnet.

Als er in Kabul vor 38 Jahren das Licht der Welt erblickte, war er wahrscheinlich schon hörbehindert. So genau kann das keiner mehr sagen. Als die Eltern das herausfinden, fördern sie ihn, bezahlen Speziallehrer, die ihm erst Sprechen, dann Lesen und Schreiben beibringen. „Das ist nicht selbstverständlich. In Kabul gab es viele behinderte Kinder, die von ihren Eltern zu Hause versteckt worden sind. Ich bin meinen Eltern unendlich dankbar dafür, dass sie mir von Anfang an alle Liebe und Förderung haben zuteil werden lassen.

Als der praktizierende Christ 15 Jahre alt ist, im Jahr 1990, wandert die Familie nach Deutschland aus. Er macht, trotz Hörbehinderung und anfänglichen Sprachschwierigkeiten, seinen Hauptschulabschluss auf einer inklusiven Schule, besucht im Anschluss eine Hörbehindertenschule, wo er im Jahr 2000 seine Fachhochschulreife macht. Die Welt stand ihm offen, mag man meinen, doch an diesem Punkt begann die schwierigste Zeit in seinem Leben, sein „Sturm“ wie er in Anlehnung an ein Bibelzitat sagt: „Ich mache niemandem Vorwürfe, aber ich war enttäuscht, dass mir nie niemand eine Chance gegeben hat. Ich denke schon, dass die Kombination aus Fremdsein und Hörbehinderung ausschlaggebend waren. Die Arbeitslosigkeit war für mich eine schwere Zeit.“

Büro- oder Bankkaufmann wollte er werden, unzählige Bewerbungen werden abgelehnt, irgendwann „findet sich ein neuer Weg“ als ein Verwandter ihn sieben Jahre lang in seinem Restaurant arbeiten lässt.

Doch dann kann er nicht mehr, der Stress im Gastgewerbe ist für ihn mit seiner Hörbehinderung nochmal potenziert. Er wendet sich an die Arbeitsagentur, die ihm Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben genehmigt – und finanziert: erst einmal eine Qualifizierung zum Verkäufer.

„Obwohl meine Ergebnisse im Assessment nicht perfekt waren, konnte ich die Mitarbeiter im BFW überzeugen, dass ich hoch ich hoch motiviert bin und viel erreichen will.“ Er macht die Ausbildung zum Verkäufer und findet, mit Unterstützung aus dem BFW, einen Praktikumsplatz in einem Sanitätshaus. Seine Fallsteuerin Sandra Dieckerhoff ist speziell für die Begleitung und Unterstützung von Personen mit Hörbehinderung ausgebildet und kümmert sich um Dinge, bei denen Zia Ahmad Wafi Hilfe benötigt. Auch die technischen Voraussetzungen für die Qualifizierung von Hörbehinderten sind im BFW Dortmund vorhanden.

„Ohne die Unterstützung von Frau Dieckerhoff und Frau Kamann wäre es mir selbst, aus den bekannten Gründen, wohl nicht gelungen einen Praktikumsbetrieb zu finden. “ Die Ausbildung schließt er mit hervorragenden Leistungen ab, so hervorragend, dass die Arbeitsagentur ihm eine weitere, höhere Qualifizierung finanziert: diesmal zum Einzelhandelskaufmann.

Während des Praktikums arbeitet der Vater zweier Töchter wieder im selben Unternehmen. „Die Arbeit im Sanitätshaus passt sehr gut zu mir. Da geht es nicht nur um Verkauf, sondern mehr um persönliche Beratung. Das erfordert Produktkenntnisse und spezielles Know-how“, sagt er. Er hat gute Chancen auf eine Übernahme in Festanstellung. Und wenn daraus doch nichts werden sollte? „Dann findet sich ein neuer Weg“, sagt er. Man glaubt es ihm sofort.

Chance genutzt – Arbeitsplatz gesichert

Über 30 Jahre ist es her, dass Doris Macagnino. in ihrem Beruf als kaufmännische Bürokraft gearbeitet hat. Nach der Geburt ihres Sohnes unterstützte sie ihre Familie finanziell als Reinigungskraft in einem Krankenhaus – bis ein Unfall mit einer Verletzung am Fußgelenk diese körperlich schwere Arbeit nicht mehr zuließ.

Mit Reha-Sport und Krankengymnastik versuchte die gebürtige Hernerin eineinhalb Jahre lang ihren Fuß wieder fit zu machen, doch gesundheitliche Rückschläge führten immer wieder zur Krankschreibung. „Irgendwann habe ich gemerkt, dass mein Fuß nicht mehr voll funktionsfähig wird und ich so meinen Job nicht mehr ausüben kann. Das hinzunehmen war schwer“, erinnert sie sich. Sorgen in die Arbeitslosigkeit abzurutschen stellten sich ein.

Chance genutzt
Die Verantwortlichen des Krankenhauses waren bereit, Doris Macagnino im Unternehmen weiter zu beschäftigen. Anstatt als Reinigungskraft, sollte sie künftig im Medizinischen Schreibbüro der Klinik eingesetzt werden.

Allerdings stellte sich schnell heraus, dass ihr Wissen und die medizinischen Sachkenntnisse dafür nicht ausreichten. Aber ihr zuverlässiger Einsatz in den 16 Jahren als Reinigungskraft im Unternehmen hat sich ausgezahlt: Ihr Leistungsträger stimmte einer neunmonatigen Qualifizierungsmaßnahme in Kooperation mit dem BFW zu, um die erforderlichen Kenntnisse erwerben zu können und gab der 50-Jährigen damit eine Chance.

Nach Vorgaben des Arbeitgebers entwickelte das BFW Dortmund einen Qualifizierungsplan, womit sie ganz speziell auf ihren neuen Tätigkeitsbereich vorbereitet wurde. Im Kaufmännischen Lerncenter lernte sie medizinische Fachbegriffe und übte mit ihren Fingern blitzschnell über die Tastatur zu rasen, um Gutachten zu schreiben.

„Wenn die Tür einmal offen ist, muss man dafür sorgen, dass sie nicht wieder vor einem, sondern erst hinter einem schließt“, sagt Doris Macagnino und ist stolz, ihre Chance genutzt zu haben.

Raus aus der Schieflage

Erst geriet er gesundheitlich, dann beruflich in Schieflage: Wegen einer Beckenfehlstellung konnte Carsten Intemann seinen Beruf als Lagerist nicht mehr aus­üben. Aber mit 47 Jahren nochmal eine zweijährige Umschulung? Das war ihm zu lang. Mit gezielten Zusatzqualifizierungen im Projekt "45plus" des Berufsförderungswerk (BFW) Weser-Ems dauerte es gerade mal ein dreiviertel Jahr bis zum Festvertrag als kaufmännischer Angestellter bei einer Firma für Kfz-Technik.

Es war ein schleichender Prozess, der durch die vielen Hebetätigkeiten als Lagerist noch begünstigt worden ist, bis Carsten Intemann irgendwann durch Beckenschiefstand und beidseitiger Arthrose keinen Schritt mehr ohne Schmerzen machen konnte. „Wenn ich nach einem Tag Arbeit im Lager nach Hause kam, habe ich mich gefühlt wie ein 80-Jähriger. Ich hatte überall Schmerzen, kam kaum noch die Treppen hoch. Irgendwann hat mein Arzt gesagt, dass es so nicht mehr weitergeht.“ Und Carsten Intemann seinem Arbeitgeber auch: „Ich bin dort nur auf hartem Beton gelaufen. Das war Gift für meine Hüfte.“

Seinen Arbeitsvertrag löste er im beiderseitigen Einvernehmen auf und folgte dem Rat seines Arztes, die Hüfte erst einmal einseitig operieren zu lassen. Nach einer medizinischen Rehabilitation ging es ihm schon viel besser, wenngleich er auf der rechten Seite immer noch Probleme hatte. Er bewarb sich bei verschiedenen Firmen. Dabei ging er offen mit seiner Einschränkung um: „Mir wurde immer versprochen, dass es sich bloß um leichte Tätigkeiten handele. Das dauerte zwei Wochen, dann wurden mir doch wieder wortlos schwerere Pakete zugewiesen. Die habe ich dann auch geschleppt, aber natürlich nur langsam. Über die Probezeit bin ich nie hinausgekommen.“

Als ideal stellte sich schließlich eine Bürotätigkeit in der Industrie heraus – hier würde sie so selbstständig arbeiten können, wie sie es sich wünschte und die Möglichkeit haben, in verschiedenen Bereichen zu arbeiten. Und ganz wichtig für sie: „Dieser Beruf ist sehr gefragt, und ich kann relativ sicher sein, nach der Umschulung einen festen Arbeitsplatz zu finden.“

Sich auf etwas anderes als auf Lageristenstellen zu bewerben, kam ihm zunächst gar nicht in den Sinn: „Ich habe zwar Bürokaufmann gelernt, aber nach der Lehre nie in dem Beruf gearbeitet. Zunächst hatte ich mich für zwölf Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet, danach den Job im Lager angenommen. Mal ehrlich: Elektronische Buchführung, Umgang mit Office-Programmen – sowas habe ich vor dreißig Jahren nicht gelernt.“ Also hat er einen Antrag auf Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) bei der Deutschen Rentenversicherung gestellt, ursprünglich mit dem Ziel, eine Umschulung zum Kaufmann für Lagerlogistik zu machen, doch der Reha-Berater stellte ihm die Maßnahme „45plus“ im BFW Weser-Ems vor. „Eine gute Entscheidung“, sagt er heute. „Nach einer zweijährigen Ausbildung wäre ich fast 50 gewesen. Und das ist nichts, was eine Jobsuche als Neueinsteiger unbedingt einfacher macht.

Vom Praktikum zum Festvertrag
Zunächst einmal wurde im BFW getestet, wo er überhaupt Qualifizierungsbedarf hat: „Es war schnell klar, dass ich die Buchführung weitestgehend beherrsche. Hier gab es nur eine Auffrischung. In Sachen Computer und EDV war allerdings mehr nötig.“ So wurde er intensiv in Office-Programmen und Datenverarbeitung geschult. „Das war schon sehr hilfreich und gut durchdacht, insbesondere die interaktiven Hausaufgaben haben dazu beigetragen, das erlernte Wissen zu festigen. Die und das Praktikum.“ Welches sich für ihn als Volltreffer herausstellen sollte. Denn als er hörte, dass eine neue Werkstatt in seinem Wohnort gebaut wird, stellte er sich dort kurzerhand persönlich vor, schildert seine Situation – und traf auf offene Ohren und Türen bei der Firma Ordemann Kfz-Technik. „Als ich von meinen gesundheitlichen Problemen berichtet habe, sagte der Chef Dieter Ordemann, dass er ganz ähnliche Hüftprobleme habe. So traf ich also auf einen Leidensgenossen.“ Umso größer war die Bereitschaft, Carsten Intemann im Praktikum zu testen. „Der Austausch mit dem BFW über die genauen Modalitäten war unkompliziert, das war viel wert.“ Im Praktikum stellte sich schnell heraus, dass er wertvolle Arbeit für den Betrieb leisten kann. Ein Festvertrag war die logische Konsequenz. Heute kümmert er sich um die Auftragsannahme, schreibt Rechnungen, alles, was gerade so anfällt – und hat Spaß dabei. „Ich bin erstaunt darüber, wie schnell sich letztlich doch noch alles zum Guten gewandelt hat.“

Ein gelungener Neustart

Dass sie heute ihr eigenes Geld verdient, ist für Astrid Maria Gehbardt vielleicht das Schönste an ihrem neuen Berufsleben. Ein gelungener Neustart!

Astrid Maria Gebhardt
Studium als Umschulung

Wegen ihres chronischen Sauerstoffmangels musste Ines Bartsch einen Gang runter schalten. Ein Studium eröffnete neue Perspektiven.

Ines Bartsch
Wenn der Rücken Halt ruft

Plötzlich machte ihr Rücken nicht mehr mit: Ein Bandscheibenvorfall sorgte für das vorzeitige Aus im Beruf. Doch eine berufliche Reha ebnete den Weg zurück.

Bianka Sparschuh

Neustart nach psychischer Erkrankung

Ihre Startbedingungen waren alles andere als leicht. „Mit 15 Jahren flog ich erst vom Gymnasium und dann aus dem Elternhaus“, erinnert sich Astrid Maria Gebhardt. Ohne abgeschlossene Schulausbildung hatte sie auch keine Chance auf eine Berufsausbildung. Eine harte Zeit begann für die junge Frau, die nicht ohne Spuren an ihr vorbeiging. „Borderline Syndrom“ so diagnostizierte offiziell ihr Arzt. Doch eine Beraterin in der Agentur für Arbeit machte ihr Hoffnung: „Sie können mit einer beruflichen Rehabilitation Ihren Weg in das Arbeitsleben finden!“, versprach sie ihr.

Und so kam Astrid Maria Gebhardt ins BFW München, einer Einrichtung zur beruflichen Rehabilitation, nachdem sie sich gesundheitlich stabilisiert hatte. In welche Richtung sie sich beruflich qualifizieren wollte, wusste die junge Münchnerin auch schon: „Ich wollte etwas Handwerkliches machen, das keinen Kundenkontakt erfordert“, sagt sie. Die Metallverarbeitung stellte sich als die richtige Branche heraus und hier begann Astrid Maria Gebhardt nach einem dreimonatigen Reha-Vorbereitungslehrgang, in dem ihre schulischen Kenntnisse aufgefrischt wurden, die Ausbildung zur Feinwerkmechanikerin. „Ich wundere mich darüber, dass dieser Arbeitsbereich als Männerdomäne gilt“, meint sie. „Dieser Beruf erfordert keine körperlichen Anstrengungen und schmutzig werden meine Hände nur ganz selten.“

Genau der richtige Beruf!
Dass sie genau den richtigen Beruf erlernte, merkte die junge Frau schon in den ersten Monaten ihrer Ausbildung – und die letzte Bestätigung erhielt sie schließlich in ihrem Praktikum, das sie bei der Heinrich Nymphius GmbH in München absolvierte. „Meine Kollegen bei der Praktikumsfirma hätten mich schon damals am liebsten dabehalten“, weiß Astrid Gebhardt noch recht gut. „Auch mein Chef war äußerst zufrieden mit meiner Arbeit und versprach mir, mich nach der Prüfung sofort zu übernehmen.“ Kein Wunder, denn die junge Frau arbeitet nicht nur selbstständig und sorgfältig, sondern sprüht bei der Arbeit geradezu vor Begeisterung.

Wie erfolgreich sie ihr Metier beherrscht, bewies sie dann auch im Anschluss an das Praktikum eindrücklich: Bei der Abschlussprüfung vor der IHK wurde sie Beste ihres Jahrganges im BFW München. Inzwischen arbeitet die 29-Jährige seit über einem Jahr in ihrem ehemaligen Praktikumsbetrieb. Gesundheitlich und beruflich geht es ihr heute gut – in der Werkstatt ist sie in ihrem Element. Mit den verschiedenen Werkstoffen – vom Kunststoff bis zu den unterschiedlichen Arten von Metall – zu arbeiten, mag sie an ihrem Beruf besonders. Vor allem aber freut sie sich, ihren Lebensunterhalt selbstständig zu erwerben – und will anderen Betroffenen Mut machen, ebenfalls beruflich neu durchzustarten. „Durchhalten lohnt sich!“, sagt sie, „die Chance auf einen Neuanfang gibt es.“

Studium als Umschulung

Wenn Ines Bartsch sagt, dass ihr die Diagnose die Luft genommen hat, ist das nicht sprichwörtlich gemeint: Das Anti-Phospholipid-Syndrom (APS), eine seltene Immunkrankheit, bewirkt, dass der Sauerstofftransport vom Blut in die Zellen erschwert wird. Als Kfz-Mechanikerin konnte sie nicht mehr weiterarbeiten. Heute ist sie Sozialarbeiterin – dank eines Studiums im Berufsförderungswerk (BFW) Heidelberg.

Wegen des chronischen Sauerstoffmangels hatte Ines Bartsch schlicht und ergreifend nicht mehr die Kraft, um einen ganzen Arbeitstag zu überstehen. Ihr Festvertrag war eigentlich schon ausgehandelt, doch nun musste das Arbeitsverhältnis aufgelöst werden. Bei der Arbeitsagentur schilderte sie der Sachbearbeiterin ihre Situation, die glücklicherweise die Lage richtig einschätzte und sofort einen Termin mit der Reha-Beraterin vor Ort machte. Mit ihr zusammen stellte sie den Antrag auf Teilhabe am Arbeitsleben (LTA), der auch bewilligt wurde.

Die Reha-Beraterin schlug Ines Bartsch ein BWL-Studium vor, aber das kam für sie nicht in Frage. „Das ist ja das Schlimmste an der Krankheit: Dass ich ausgebremst werde. Ich war vorher wie ein Flummi, mal hier, mal da, immer in Bewegung. Acht Stunden am Tag im Büro zu verbringen – da würde ich wahnsinnig werden.“ Schließlich fand sie das Angebot des BFW Heidelberg, Soziale Arbeit zu studieren. „Ich hatte wirklich Glück, eine verständnisvolle Reha-Beraterin zu haben, die nicht darauf bestanden hat, eine klassische Umschulung durchzusetzen.“

In einem obligatorischem Praktikum sammelte sie erste wertvolle Erfahrungen, die ihr nun in einer spezialtherapeutischen Einrichtung für verhaltensauffällige Kinder helfen. „Ich gehe mit meiner Schwäche offen um. Wenn ich mal außer Atem bin, sage ich den Kindern das und bisher haben sie immer Rücksicht darauf genommen. Viele dieser Kinder haben Schicksalsschläge erlitten, zwar ganz andere als ich, aber doch habe ich das Gefühl, als würde darüber eine Art Verbindung entstehen.“

Wenn der Rücken nicht mehr will

Kassieren, Abpacken der Regale, Reinigung der Filiale und Sauberhalten des Parkplatzes: Als Verkaufsstellenleiterin einer Aldi-Filiale kümmerte sich Bianka Sparschuh eigentlich um alles. Bis starke Schmerzen im Rücken jede Bewegung zum Albtraum machten. Die Diagnose: schwerer Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelbereich.

Nach zwei Operationen konnte sie zwar mit Hilfe einer stufenweisen Wiedereingliederung an ihren Arbeitsplatz zurückkehren – aber nur anderthalb Jahre später machten sie starke Nervenschmerzen und Lähmungserscheinungen im rechten Bein erneut arbeitsunfähig: „Die Ärzte sagten, dass meine Nervenstränge im betroffenen Bereich völlig kaputt sind“, erinnert sie sich. In einer erneuten OP wurde ihr ein elektrischer Nervenstimulator eingesetzt, der den betroffenen Nervenstrang zum Gehirn unterbricht, so die Schmerzsymptome ausschaltet und eine fast uneingeschränkte Bewegung möglich macht.

Als klar war, dass Bianka Sparschuh dauerhafte körperliche Belastungen über fünf Kilo keinesfalls mehr möglich sind, wurde in der medizinischen Reha durch den Sozialdienst die berufliche Rehabilitation mit der Antragstellung auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben eingeleitet.

Stärken neu eingesetzt
Nach dem Erstgespräch mit einer Reha-Fachberaterin der Deutschen Rentenversicherung Bund wurden in einer Berufsfindung im Berufsförderungswerk Sachsen-Anhalt Eignungen und Neigungen der heute 46-Jährigen geprüft. Das Ergebnis: Bianka Sparschuh ist geeignet für eine Umschulung zur Industriekauffrau – eine zweijährige Ausbildung, die sie so erfolgreich im BFW Sachsen-Anhalt abschloss, dass sie direkt im Anschluss einen neuen Job fand: Heute ist die zweifache Mutter als Industriekauffrau bei der Firma fest angestellt, in der sie auch das obligatorische Praktikum absolvierte, das zu jeder Ausbildung im BFW gehört.

Ein Burnout als Chance

„Eines Morgens wachte ich auf und konnte nicht mehr.“ Karsten Peh war 40 Jahre alt, als die langjährige Belastung als Krankenpfleger ihren Tribut forderte.

Karsten Peh
Noch lange kein altes Eisen

Für ältere Menschen ist es schwer, nach einer Krankheit zurück in den Arbeitsmarkt zu finden. Auch Willi König stand auf dem beruflichen Abstellgleis. 

Willi König
Ein neuer Weg

Als Friseurin wollte Viktoria Bergweiler beruflich in die Fußstapfen ihrer Mutter treten. Dann tritt bei ihr eine schwerwiegende Kontaktallergie auf. 

Viktoria Bergweiler

Ein Burnout als Chance

„Ein Jahr war ich anschließend krank“, sagte Karsten Peh, „zwei Monate war ich zunächst in einer psychosomatischen Klinik, anschließend habe ich noch eine ambulante Therapie gemacht.“ Die Depression klang langsam ab, aber Karsten Peh wusste, dass er seinen alten Job nicht mehr würde ausüben können. „Ich war einfach nicht mehr belastbar genug“, sagt er im Rückblick, „so lief alles auf eine krankheitsbedingte Kündigung hinaus.“

Das war für den gebürtigen Mecklenburger eine Katastrophe, Zukunftsängste machten ihm damals schwer zu schaffen. Glücklicherweise wurde er damals durch eine Sozialarbeiterin betreut, die gemeinsam mit ihm einen Fahrplan entwickelte, wie es für ihn beruflich weitergehen könnte. „Sie empfahl mir, bei der Bundesagentur für Arbeit einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe zu stellen“, so Karsten Peh. Das tat er mit Erfolg – und wurde anschließend zu einer Informationsveranstaltung in einem Beruflichen Trainingszentrum eingeladen, um zu klären, welche neue berufliche Perspektive für ihn in Frage kommen könnte.

Für Karsten Peh stand schnell fest, dass er eine Umschulung zu einem Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste mit der Fachrichtung medizinische Dokumentation absolvieren wollte. „Plötzlich fügte sich alles“, sagt er im Rückblick. „Ich begann meine berufliche Rehabilitation im BFW Bad Pyrmont und erlebte dort eine gute Zeit.“ Die Ausbildung entsprach genau seinen Vorstellungen, „ich habe dort viel gelernt“, sagt er.

Und auch das zur Ausbildung gehörende Praktikum bestätigte Karsten Peh in seiner Berufswahl. Kein Wunder, dass er nach dem Ende der Qualifizierung auch schnell einen neuen Job fand: Heute arbeitet er als Projektleiter im Qualitätsmanagement einer Berliner Klinik.

Wenn er heute auf die Zeit seiner Erkrankung zurückblickt, dann mit einem Gefühl der Ruhe und Zufriedenheit: „Erst habe ich meine Erkrankung nur negativ erlebt. Dann habe ich begriffen, dass sie zu etwas gut ist – nämlich als Weg in eine neue berufliche Zukunft.“ Eins allerdings sei dabei wichtig: „Man muss sich frühzeitig professionelle Hilfe holen.“ Dann werden aus Krisen auch Chancen.

Noch lange kein altes Eisen

Viele Jahre war Willi König als LKW-Fahrer unterwegs, bis eine Hüfterkrankung den Job unmöglich machte und den 54-Jährigen zwang, sich beruflich neu zu orientieren. „Der Verlust der Arbeit und die Suche nach einer neuen Tätigkeit sind nicht leicht für mich gewesen“, sagt er. Denn obwohl König reichlich Qualifikationen und Erfahrung in unterschiedlichen Arbeitsbereichen vorzuweisen hatte – der gelernte Bäcker und Konditor absolvierte 1984 eine Umschulung zum Dreher – fand er wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen keine Tätigkeit, mit der er an seine beruflichen Vorerfahrungen anknüpfen konnte.

Also wandte sich Willi König an seine Rentenversicherung und stellte einen Antrag auf berufliche Reha. Die zuständige Reha-Fachberaterin schlug ihm die spezielle Integrationsmaßnahme für ältere Menschen „45-Plus“ im Berufsförderungswerk Weser-Ems vor: Ziel des in Kooperation mit der DRV Oldenburg-Bremen gestarteten Pilotprojektes ist eine möglichst schnelle und dauerhafte berufliche Wiedereingliederung älterer Menschen. Dafür setzt das BFW auf eine Mischung aus Assessment, Training und Qualifizierung sowie gezielte Betriebspraktika.

Praktikum als Sprungbrett
Gerade die Praktika führen nicht selten zum sogenannten „Klebe-Effekt“ – viele der Teilnehmer werden danach in feste Arbeitsverhältnisse übernommen. So auch Willi König. Er konnte bei der Suche nach einem Praktikumsbetrieb an einen bestehenden Kontakt aus seinem vorherigen Job anknüpfen: Als Fahrer hatte er oft mit der Firma Benken Sandstrahl- und Oberflächentechnik GmbH in Oldenburg zu tun. Als dort eine Stelle in der Programmierung zu vergeben war, bewarb er sich. Mit Erfolg: Er bekam den Praktikumsplatz und arbeitete sich mit viel Engagement und intensiver Unterstützung durch das BFW in seine neue Tätigkeit ein. Heute setzt der ehemalige Dreher bei dem mittelständischen Betrieb in der Programmierung auf Zeichnungen basierende Kundenaufträge für CNC-gesteuerte Laserschneidmaschinen um und kann so sein Know-how und seine beruflichen Erfahrungen voll einbringen. Die Unternehmensleitung ist mit seiner Arbeit durchweg zufrieden: „Uns kommt es auf Fachlichkeit, Engagement und Teamfähigkeit an“, so Geschäftsführer Thomas Benken. „Das Alter ist nicht entscheidend. Wenn die Eignung stimmt, würde ich auch einen 60-jährigen einstellen."

Einen neuen Weg eingeschlagen

Schon immer wusste Victoria Bergweiler, dass sie als Friseurin in die Fußstapfen ihrer Mutter treten wollte. Doch während ihrer Ausbildung tritt eine schwerwiegende Kontakt­allergie auf – eine sogenannte Berufskrankheit.

Wenn sie an ihre Ausbildungszeit im Salon zurückdenkt, sind ihr schmerzende Hände und Arme in Erinnerung, da ihre Haut auf Shampoos und Haarfärbungen allergisch reagiert. Trotz ihrer Beschwerden kämpft sie sich durch – auch wenn sie weiß, dass sie nie in ihrem gerade erst erlernten Beruf arbeiten kann. „Meinen Kindheitstraum, als Friseurin zu arbeiten, aufzugeben, das war für mich unglaublich schwer.“

Auf Anraten der Berufsgenossenschaft stellt sie den Antrag auf eine berufliche Rehabilitation und orientiert sich nach der Berufsfindung im BFW Oberhausen neu: „Eine betriebliche Umschulung zur Restaurantfachfrau ist genau das Richtige für mich. Da stehe ich vor Ort bei meinem zuküftigen Arbeitgeber in engem Kundenkontakt.“ Bei ihrer Arbeit im Restaurant vermeidet sie die Berührung mit Flüssigkeiten, auf die ihre Haut allergisch reagiert.

Ihre Ausbildungszeit als Friseurin war für sie trotz allem nicht umsonst: „Im Salon habe ich gelernt, die Wünsche meiner Kunden schnell zu erkennen. Meine Menschenkenntnis hilft mir auch im Restaurant, wenn ich meine Gäste berate und bediene“, sagt sie zufrieden und bereitet sich mit vollem Einsatz auf ihre Abschlussprüfung im kommenden Jahr vor.

Bruch im Lebenslauf

Eine Verletzung am Sprunggelenk hatte für Sebastian Zimny. weitreichende Folgen: Als Dachdecker konnte er nicht länger arbeiten.

Sebastian Zimny
Vom Koch zum Fachberater

Mehr als 30 Jahre hat Roland Angermann als Koch dafür gesorgt, dass es seinen Gästen schmeckt. Stehen, laufen, heben, das ging wortwörtlich auf die Knochen.

Roland Angermann
Alleinerziehend durchgestartet

Umschulung als Alleinerziehender – wie soll das denn gehen? Das fragte sich auch Salvatore Caruso, als seine Reha-Berater ihm eine neue Ausbildung empfahlen.

Salvatore Caruso

Bruch im Lebenslauf

„Die großen Verletzungen holt man sich immer bei einfachen Einheiten“, schimpft Sebastian Zimny 2010 hat sich der vereinsaktive Badmintonspieler im Training gleich mehrfach das Sprunggelenk gebrochen. Für den gelernten Dachdecker fatal: „Ich kann zwar wieder normal gehen, aber das Tragen schwerer Lasten ist tabu.“

Zwei Jahre hat es gedauert, bis sein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben genehmigt wurde. „Wäre ich nicht hartnäckig geblieben, würde ich wahrscheinlich heute noch warten“, sagt der 33-Jährige.

„Ich kann nur jedem raten, der sich in einer ähnlichen Situation befindet, nicht aufzugeben, auch wenn ich am eigenen Leib erfahren habe, wie frustrierend so ein Prozess sein kann.“ Immerhin konnte er die Wartezeit nutzen, um sich für den Beruf des NC-Anwendungsfachmanns zu entscheiden, der im BFW Dortmund ausgebildet wird. Noch bevor er das Ergebnis seiner Abschlussprüfung kannte, hatte er einen neuen Job – den er zwei anderen Angeboten vorgezogen hat. „Ein echtes Luxusproblem. Nach dieser anstrengenden Phase, die das Bankkonto, meine Beziehungen und meine Kraft arg strapaziert hat, tat das richtig gut. Mein neuer Job ist abwechslungsreich. Und als Dachdecker weiß ich zu schätzen, wenn man im Warmen und Trockenen arbeiten kann.“

Vom Koch zum Küchenfachberater

Mehr als 30 Jahre hat Roland Angermann als Koch dafür gesorgt, dass es seinen Gästen schmeckt. Als sein Körper das nicht mehr mitmachte, empfahl ihm sein Reha-Berater eine Qualifizierung im BFW Dortmund zum Einrichtungsberater für Küchentechnik.

„In der Hochsaison habe ich oft bis zu 12 Stunden in der Küche gestanden.“ Stehen, laufen, heben, Hitze, Feuchtigkeit, das geht wortwörtlich auf die Knochen. Als die Schmerzen zu stark wurden, suchte er einen Arzt auf – die Diagnose war niederschmetternd: „Arthrose, da kann man nichts machen.“ Roland Angermann arbeitete weiter, bis die Beschwerden so schlimm wurden, dass er eine neue Hüfte brauchte. Nach der medizinischen Reha war klar: Als Koch würde der damals 55-Jährige nicht mehr arbeiten können.

„Das zieht einen erst mal richtig runter. Aber für die Rente fühlte ich mich zu jung, zumal die auch zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel gewesen wäre.“ Hilfe fand er bei seinem Rentenversicherer, der DRV Westfalen: Sein Reha-Berater empfahl ihm eine Qualifizierung im BFW Dortmund zum Einrichtungsberater für Küchentechnik. „Von der Küche in die Küche – das ist doch ein schöner Gedanke. Da kann ich mein Wissen noch weitergeben und bin in meinem Metier.“

Acht Monate dauerte die Weiterbildung, dann hatte Roland Angermann sein Zertifikat in der Hand, um in einem Einrichtungshaus professionell Küchen zu planen und zu verkaufen. „Ich freue mich, wenn ich Kunden Multifunktionsbacköfen und andere küchentechnische Geräte erklären kann, mit denen ich jahrelang gearbeitet und Erfahrungen gesammelt habe.“

Alleinerziehender Vater startet neu durch

„Nach über 20 Jahren Berufstätigkeit noch einmal bei Null anzufangen und etwas ganz Neues zu lernen, das ist an sich schon nicht einfach. Aber mit Kind erst recht, wenn man beidem wirklich gerecht werden will.“

Doch Salvatore Caruso wagte den Balanceakt – mit Unterstützung des BFW: „Ob privat oder schulisch, es war immer jemand für uns da. Alleine hätte ich das nicht geschafft.“ Während er für seine berufliche Zukunft büffelte, war sein elfjähriger Sohn in der nahe gelegenen Ganztagsschule gut untergebracht.

„Abends haben wir dann zusammen die Freizeitangebote des BFW genutzt und sobald mein Sohn im Bett war, habe ich wieder gelernt. Oft bis spät in die Nacht.“ Das zahlte sich aus: „Wegen der guten Prüfungsergebnisse schlug man mir vor, in die Ausbildung zum Industriekaufmann umzusteigen.“ Und die meisterte Salvatore Caruso mit Bravour: Schon vor dem Abschluss hatte der heute 43-Jährige einen Arbeitsvertrag in der Hand. „Mir war klar, dass das meine letzte Chance ist und die habe ich wahrgenommen! Ich war zwar oft ganz schön erschlagen, aber mein Sohn war immer der Antrieb für mich, weiterzumachen. Denn wer nicht kämpft, hat schon verloren.“

nach oben