„Wer eine schlechte Phase hat, sieht irgendwann wieder Licht am Ende des Tunnels. Wer an einer Depression leidet, ist blind dafür."
Dipl.-Psych. Dr. Enno Maaß · stellv. Bundesvorsitzender
Deutsche PsychotherapeutenVereinigung (DPtV)

Körperliche Warnzeichen psychischer Erkrankungen
Psychische Krankheiten versetzen unseren Körper über Wochen und Monate in Anspannung. Wenn diese Symptome nur körperlich behandelt werden, bleibt die wahre Ursache unentdeckt und die Probleme treten regelmäßig wieder auf.
Immunabwehr
- Häufige Infektionen
- Plötzlich auftretende Allergien und Ausschläge
Verdauung
- Magenschmerzen
- Appetitlosigkeit
- Verstopfung
Kopf
- Migräne
- Tinnitus
- Vergesslichkeit
- Konzentrationsstörungen
- Antriebslosigkeit
- Schwindelgefühle
- Zähneknirschen
- Erhöhtes Schmerzempfinden
Herz-Kreislauf
- Bluthochdruck
- Herzrasen und -stolpern
Schlaf
- Einschlafprobleme
- Unruhiger / leichter Schlaf
- Tag-Nacht-Rhythmus gestört
Muskulatur
- Verspannungen
- Schulter- und Rückenschmerzen
Signale der Seele
Eigentlich hat ihr der Körper eindeutige Signale geschickt, aber Caroline Decker achtet nicht auf die Warnzeichen. Erst nach einem Nervenzusammenbruch gesteht sie sich ein, dass es ihre Seele ist, die eigentlich Hilfe braucht.

Schmerzen ohne Ursache?
„Wenn die Psyche leidet, leidet auch der Körper“: Caroline Decker weiß sehr genau, wovon sie spricht. Über Jahre ging sie immer wieder mit Schmerzen zum Hausarzt, ohne dass eine körperliche Ursache gefunden wurde: Die Untersuchungsergebnisse waren immer unauffällig, Medikamente und andere Behandlungen blieben wirkungslos. Doch die Beschwerden wurden schlimmer und häufiger – eine unerträgliche Situation für die Erzieherin, die sich irgendwann auch auf ihren Beruf auswirkte.
Gefühlschaos und Rückzug
„Ich war total antriebslos, schnell überfordert und unaufmerksam und hatte das Gefühl, der Verantwortung im Kindergarten nicht mehr gerecht zu werden.“ Aber sie machte weiter, bis zum totalen Tiefpunkt: „Der Nervenzusammenbruch war ein Ventil, mit dem sich meine Seele befreien wollte.“ Endlich wurde hinter die körperliche Fassade geschaut – die Diagnose Depression, Panikattacken und Angstzustände stürzte Caroline Decker aber in das nächste Gefühlschaos: „Ich habe das als Versagen empfunden und mich aus Angst, dass mich die Gesellschaft jetzt mit anderen Augen sieht, komplett aus meinem sozialen Umfeld zurückgezogen.“
Experten durchbrechen Teufelskreis
Diesen fatalen Kreislauf aus Angst, Scham und Einsamkeit konnte sie nur mithilfe von Experten in einer stationären Therapie durchbrechen: „Die Zeit in der psychosomatischen Klinik war ganz wichtig, um mich mit meinem Körper, meiner Psyche, meiner Seele und meinem beruflichen Umfeld auseinander zu setzen.“ Nach der Reha kehrte sie dennoch zunächst in ihren alten Beruf zurück: „Die Therapie hat mir so viel Aufschwung gegeben, dass ich den Schritt wagen wollte, in diesem Bereich weiterzuarbeiten.“ Aber ziemlich schnell traten Körper und Seele wieder in den Streik und es war klar, das funktioniert so nicht mehr …

In der Therapie fand Caroline Decker aus ihrer Depression heraus – um dauerhaft gesund zu bleiben, musste sich die gelernte Erzieherin aber auch beruflich neu orientieren. Sie stellte einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und legte mit einer Umschulung zur Kauffrau für Büromanagement im Berufsförderungswerk (BFW) Koblenz ihr Fundament für ein ganz neues Berufsleben.
„Die Ausbildung war kein leichter Weg – auch weil ich für die Zeit meine sichere Komfortzone verlassen und im BFW-Internat gelebt habe. Aber begleitet durch die Psychologen im Haus konnte ich ihn bis zum Ziel gehen.“ Heute ist Caroline Decker angekommen. Bei Georgi Transporte in Burbach hat sie ihren Platz befunden und blickt nur noch nach vorn: „Im BFW habe ich gelernt, mich nicht mehr mit einem engen Tunnelblick im Moment zu verlieren, sondern weit zu schauen und offen zu sein für neue Dinge.
Ich weiß jetzt, dass da noch ganz viel Potenzial in mir ist, dass ich entdecken und heben kann.“ Und das sieht ihr Arbeitgeber genauso. „Ich bin unendlich dankbar für das Vertrauen und die Chance, mich hier weiter zu entwickeln und mit meinem neuen Beruf noch weiter wachsen zu können.“
Krankheit akzeptiert
Natürlich gibt es auch Tage, an denen es Caroline Decker nicht gut geht. „Und das gestehe ich mir dann auch zu. Ich habe akzeptiert, dass diese Krankheit ein Teil von mir ist. Darum höre ich heute auch genau auf die Signale, die mein Körper mir sendet und habe Methoden entwickelt, um Krisensituationen zu überstehen.
Und vor allem weiß ich, wann ich mir Unterstützung holen muss, um wieder zu mir zurückzufinden.“
„Eine psychische Krankheit ist kein persönliches Versagen. Die Hälfte aller Menschen erkrankt mindestens einmal im Leben daran."
Dipl.-Psych. Dr. Enno Maaß

Wie psychische Krankheiten entstehen
Die Ursachen für seelische Krankheiten sind immer vielfältig, selten eindeutig, bei jedem verschieden und sehr häufig eine Verschränkung von biologischen und psychosozialen Gründen.

Biologisch:
Körperliche Konstitution
Genetische Vererbung:
Wenn nahe Verwandte schon psychisch erkrankt sind, ist das Risiko, selbst zu erkranken, drei Mal höher.
Stoffwechsel:
Hormone beeinflussen unsere Stimmungen. Störungen im Stoffwechsel steigern zum Beispiel das Risiko für Depressionen.
Neurologische Aspekte:
Wird die Weiterleitung positiver Reize im Gehirn blockiert, besteht die ganze Wahrnehmung aus Negativität.

Psychisch:
Innere Konstitution
Selbstwertgefühl:
Wer sich überschätzt, sammelt dauernd Rückschläge und Enttäuschungen. Wer sich unterschätzt, sammelt oft gar keine Rückmeldungen – auch keine positiven.
Bewältigungsstrategien:
Unsere Psyche reagiert oft unbewusst auf Krisen. Manche dieser Strategien, wie zum Beispiel Verdrängung, sind nicht hilfreich genug – andere, wie der Griff zu Suchtmitteln, sind sogar schädlich.

Sozial:
Äußere Einflüsse
Arbeit:
Zu viel Arbeit kann genauso krank machen wie zu wenig. Genauso verhindert zu komplexe oder zu eintönige Arbeit Erfolgserlebnisse.
Familie und Freunde:
Ungelöste Konflikte oder fehlende Bezugspersonen können ein Gefühl andauernder Einsamkeit erzeugen.
Traumatische Erlebnisse:
Manche Erfahrungen sind buchstäblich einschneidend und verletzen die Seele tief.
Im Kampf mit sich selbst
So wie ich bin, bin ich richtig: Für diese befreiende Erkenntnis hat Daniela Herzberg lange gebraucht. Fast zwei Jahrzehnte dauerte der Kampf mit dem eigenen Ich, bis sie bereit war, ihre Depression zu akzeptieren und sich ihr Leben zurückzuerobern.

Gefühle und Ängste unterdrückt
Und plötzlich ist sie da, die Angst. Mit 18 Jahren bekam Daniela Herzberg zum ersten Mal Panikattacken. „Ich wusste überhaupt nicht, wie ich damit umgehen soll.“ Auch ihr Umfeld reagierte mit Unverständnis: Das kann doch nicht so schlimm sein, stell dich nicht so an oder reiß dich mal zusammen – Aussagen wie diese verstärkten das Gefühl, dass sie irgendwie anders ist, nicht richtig funktioniert. Also unterdrückte die junge Frau alle Emotionen und Symptome – und passte sich an. „Ich habe mir sozusagen eine Maske aufgesetzt, um das Gefühl des Versagens in mir drin zu kompensieren und den Schein nach außen zu wahren.“
Gefangen in der Rolle
Das Rollenspiel funktionierte über Jahre – zu einem hohen Preis: „Um in das normale Leben zu passen, habe ich mich nur über Leistung definiert und unter enormen Druck gesetzt, in allem besonders gut zu sein.“ Mit dieser Taktik steuerte die Marktleiterin im Einzelhandel zielsicher auf einen Zusammenbruch zu. Doch trotz der Diagnose Depression und ADHS im Erwachsenenalter war Daniela Herzberg immer noch nicht bereit, die Maske abzulegen. „Ich war so gefangen in der Rolle, mir selbst und allen anderen Normalität vorzuspielen, dass ich noch mal fast zehn Jahre genauso weiter funktioniert habe.“
Die Befreiung: Professionelle Hilfe
Erst mit 40 Jahren schaffte sie es, sich aus dem eigenen Gefängnis jahrzehntelang unterdrückter Gefühle zu befreien und die Abwärtsspirale zu unterbrechen. Dazu gehörte auch, sich beruflich zu hinterfragen – sie beantragte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Um sie für die Umschulung im BFW Sachsen- Anhalt zu stabilisieren, empfahl der Rehaträger zunächst eine stationäre Therapie: „Mit professioneller Hilfe konnte ich endlich die vielen verschlossen Türen in mir öffnen und die Gefühle dahinter zulassen anstatt sie weiter zu bekämpfen.“ So hat sie eine Grundlage geschaffen, um ihre Zukunft im BFW anzugehen: „Die Akzeptanz war der wichtigste Schritt auf meinem Weg in ein neues Leben – heute weiß ich, dass eine Depression eine Daseinsberechtigung und einen Sinn hat. Und das ist eine echte Befreiung.“
„Eine psychische Erkrankung ist so ernst wie ein kompliziert gebrochenes Bein – und braucht ebenso professionelle Hilfe, um zu heilen."
Dipl.-Psych. Dr. Enno Maaß

Psyche und Beruf: Teufelskreis am Arbeitsplatz
Seelische Krankheiten blockieren wichtige Kapazitäten im Gehirn dauerhaft. Im Arbeitsalltag – aber auch in anderen Lebensbereichen – führt dies zu einer Negativspirale, die mitunter unverschuldet in Arbeitslosigkeit münden kann.
Die Folgen einer seelischen Erkrankung
- Kontinuierliche Anspannung
- Schlafstörungen
- Muskuläre Verspannungen
- Häufige Infektionen
verursachen schlechte Leistungen
- Konzentrationsstörungen
- Flüchtigkeitsfehler
- Gereiztheit
- Sozialer Rückzug
das führt zu Konflikten mit
- Vorgesetzten
- Kollegen
- Kunden
- Dienstleistern
und verstärkt so die seelische Erkrankung!
Die Negativspirale dreht sich so immer weiter nach unten. Handeln Sie! Durchbrechen Sie den Teufelskreis!
Psychische Erkrankungen und das persönliche Umfeld
Weil Symptome psychischer Erkrankungen selten als das erkannt werden, was sie sind, können sie destruktiv auf Beziehungen und Lebensbereiche einwirken.

„Für Menschen, deren Erkrankungen die Erwerbsfähigkeit bedrohen, wurden rechtliche Möglichkeiten geschaffen, damit sie im Arbeitsleben bleiben oder dort wieder ihren Platz finden können."
Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland

Psychische Belastungsfaktoren im Job
Belastungen gehören zu jedem Job. Sie lösen nicht zwangsläufig bei jedem eine seelische Erkrankung aus, aber sie können die Entstehung begünstigen.
Organisation
- Unregelmäßige Arbeitszeiten
- Wechselschicht
- Keine (erholsamen) Pausen
- Zeit-/Leistungsdruck
- Körperlich ungesunde Arbeitsplatzgestaltung
- Ständige Erreichbarkeit
Soziales
- Autoritärer Führungsstil
- Fehlerkultur des Strafens
- Mangelnde Teamkultur
Aufgaben
- Multi-Tasking (wie in der Gastronomie)
- Monotonie (wie bei der Fließbandarbeit)
- Verantwortung ohne Entscheidungsbefugnis (wie im Sekretariat)
- Emotional fordernde Arbeit (wie in der Pflege)
- Druck, sich zu verstellen (wie im Dienstleistungsektor)
Umgebung
- Lärm
- Gerüche
Der Rahmen für neue berufliche Perspektiven
Staatliche Hilfe:
Wenn Ärzte von der Berufsausübung in der bisherigen Form abraten, kann ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) bestehen. Diese öffnen ein breites Spektrum von Arbeitsplatzanpassungen bis hin zu Umschulungen, um zurück ins Arbeitsleben zu finden.
Starke Partner:
Berufsförderungswerke (BFW) sind Kompetenzzentren der beruflichen Rehabilitation. Seit Jahrzehnten begleiten sie Menschen mit vielfältigen Angeboten auf ihrem Weg zurück in den Arbeitsmarkt.
Finanzielle Leistungen:
Mit dem Übergangsgeld wird der Lebensunterhalt während einer Maßnahme gesichert.
Berufliche Reha wegen psychischer Krankheit beantragen: So geht´s
Ich habe Arbeit und möchte berufliche Reha beantragen.
Menschen in Beschäftigung, die aufgrund einer seelischen Erkrankung bereits arbeitsunfähig waren oder akut krankgeschrieben sind, sollten ein medizinisches Heilverfahren über die DRV (Deutsche Rentenversicherung) einleiten. Dabei wird abgeklärt, inwieweit die gesundheitlichen Probleme Einfluss auf die Berufsausübung haben. Sollte der bisherige Beruf nicht mehr geeignet sein, empfiehlt die Reha-Klinik der DRV, den Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu prüfen.
Ich bin arbeitslos und möchte berufliche Reha beantragen.
Wer arbeitslos ist und sich aufgrund einer seelischen Erkrankung nicht in der Lage sieht, eine Berufsausbildung abzuschließen oder in den alten Beruf zurückzukehren, wendet sich am besten an die Agentur für Arbeit. Hier gilt, dass es immer hilfreich ist, wenn man seinem Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben eine ärztliche oder therapeutische Stellungnahme beifügt.
Ich habe kein psychologisches Gutachten.
Die Wartezeiten auf eine Psychotherapie sind mitunter sehr lang, doch auch das Wort des Hausarztes hat in diesem Zusammenhang Gewicht. Wer seinem Antrag also noch keine psychotherapeutische Empfehlung beilegen kann, könnte seinen Hausarzt um eine schriftliche Stellungnahme bitten.
„Für viele Unternehmen ist klar: Wer außergewöhnliche Belastungen bewältigen muss, wird gecoacht. Und weil auch eine Umschulung phasenweise sehr belastend sein kann, coachen wir unsere Teilnehmer entsprechend."
Christof Schmidt,
Leiter Psychologischer Dienst im BFW Dortmund

Berufsförderungswerke (BFW): die Experten für die Rückkehr ins Arbeitsleben
Wer aus gesundheitlichen Gründen eine neue Berufsperspektive benötigt, findet in den BFW ein breites Angebot an Maßnahmen, die den Weg zurück ins Arbeitsleben ebnen. Dazu gehören unter anderem:
Berufliche Orientierung
Wo liegen meine Stärken und in welchen Berufen kann ich sie am besten einbringen? Diese Frage beantwortet die Berufsorientierung.
Vorbereitungs- lehrgänge
In der Berufsvorbereitung werden alle Grundkenntnisse vermittelt, auf die in der anschließenden Qualifizierung aufgebaut wird.
Umfassende Unterstützung
Die Arbeitsmarktexperten in den BFW unterstützen bei der Jobsuche - von der Bewerbung bis zum Einstellungsgespräch.
Praxisnahe Qualifizierungen
Mit Theorie und Praxis wird auf die Aufgaben im neuen Beruf vorbereitet. Viele Ausbildungen enden mit anerkanntem Abschluss.
Alle für einen Teilnehmer: Das persönliche Reha-Team im BFW
Wenn Erkrankungen die Arbeitsfähigkeit bedrohen, stellen sich viele Fragen. Das interdisziplinäre Reha-Team in den BFW reicht den Betroffenen in dieser Situation eine unterstützende Hand und gibt ihnen so die nötige Sicherheit, die Herausforderungen auf dem Weg zurück in das Arbeitsleben zu bewältigen.
Fall-Manager
- Lotsenfunktion: Erster Ansprechpartner in allen Fragen
- Koordinator aller am Prozess Beteiligten
- Organisator externer Beratung, zum Beispiel bei Schulden
Psychologe
- Einzelgespräche bei persönlicher Belastung (zum Beispiel Rückfallprävention, Einsamkeit)
- Gruppenworkshops zu Stressbewältigung, Prüfungsangst und anderen Themen
Mediziner
- Physiotherapie Ernährung, zum Beispiel bei Unverträglichkeiten oder Adipositas
- Diagnostik und gegebenenfalls Überweisung zum Therapeuten
Ausbilder
- Organisation von Förderunterricht
- Hilfe bei der Prüfungsvorbereitung
- Bewerbungstraining
- Jobcoaching
Ihre berufliche Reha vor Ort
Wo findet berufliche Reha in meiner Nähe statt?
Erfülle ich die Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben?
Wer kann mich persönlich vor Ort beraten?

Die Antworten finden Sie in unserer Karte unten
oder unter der kostenlosen Hotline 0800 222 000 3.